Sechzehnter Auftritt

[146] Großer Saal mit verschiedenen Gruppen, wo teils gespielt, teils gezecht wird. In der Mitte wird ein Kontratanz ausgeführt. Endlich verliert sich die Menge, man sieht Lottchen am Arme des Herrn von Luxus wandeln. Fritz folgt ihnen.


FRITZ. Gesehen hat sie mich wohl; aber sie will mich halt nit sehen, das kenn ich. Wie sie ihn anhört, wie s' lacht, wie s' das Köpfel wirft; das ist halt doch nicht schön, behaupt ich; ein Weib soll gar nit lachen, außer wenn der Mann etwas Spaßiges sagt; aber nur Geduld, meine Augen folgen dir überallhin! In diesem Augenblick kommt die Koketterie und läßt den Fächer fallen, Fritz hebt ihn auf und fährt, betroffen über ihre Schönheit, zurück. Das ist ein Gesicht!

KOKETTERIE. Ich danke Ihnen! –

FRITZ. Darf man nicht fragen – aber wo ist denn der Herr von Luxus mit meiner zärtlichen Gattin hingekommen? Dorthin zieht mich die Eifersucht, und hier spannt sich eine Neigung an mich an. Darf man nicht fragen, wer Sie sind?

KOKETTERIE. Sie werden mich verkennen, ich bin von guter Herkunft, ich bin eine geborene Koketterie!

FRITZ. Die Familie ist mir bekannt, ich hab schon mehrere Frauenzimmer aus dieser Familie gekannt, mit der überhaupt die meisten Weiber weitschichtig verwandt sind.

Fräulein Koketterie, sind Sie schon auf den nächsten Deutschen engagiert?

KOKETTERIE. Ich bin schon halb und halb versagt.

FRITZ. Sapperment! Das Madel ist schön, ihr Eindruck hat einen solchen Anblick auf mich gemacht, daß ich nicht Worte finden kann, um meine Empfindungen auszudrücken.

KOKETTERIE. Ich bitte, Sie verkennen mich, wenn Sie mir noch einmal so kommen, so kommen Sie mir just recht.

FRITZ. Bedenken Sie meinen Reichtum, und nehmen Sie auch nebenbei meine Neigung in Überlegung. Ich bin ein seelenguter Mensch gegen so liebe Narren, wie Sie sind. Was Sie wünschen, steht Ihnen zu Befehl, wenn Sie ein wenig freundlich gegen mich sind.

KOKETTERIE. Oh, ich depreziere, ich bin keine solche, die von einem Mannsbild Präsente annimmt. Wenn ich gleich ein Waiserl bin, so hab ich doch sechs Brüder, acht Schwestern,[147] dreizehn Cousins und sieben Neffen, die in miserabeln Umständen sind – was denen widerfährt, ist soviel, als wenn es mir geschehen wäre.

FRITZ für sich. Das ist einmal ein uneigennütziges Geschöpf! Laut. Oh, Ihre Gesinnungen sind so edel, daß ich ganz tuchiert davon bin; Ihre zahlreiche Familie soll an mir ihren Souteneur finden; nur sehen Sie mich ein wenig freundlich an!

KOKETTERIE. Das schickt sich ja nicht, ich hab noch kein Mannsbild auf der Welt freundlich ang'schaut.

FRITZ. Das glaub der Teufel, das schreckt mich nit ab. Dieses Rotwerden sagt mir: »Ich bin den Mannsbildern nit feind.« Dieser Seufzer sagt: »Wenn s' nur was nutz wären!« Dieser Blick sagt: »Erraten!«, und dieses klopfende Herz spricht: daß es nit von Pfundleder ist; ein freundliches Madel ist noch einmal so hübsch als ein Trutzkolben; es kann sich fügen, daß wir beide noch ein Paar werden. –

KOKETTERIE. Jetzt gehen S', Sie sind ja schon ein Ehekrüppel!

FRITZ. Wer hat sich das zu behaupten unterstanden? Ich bin ein lediger Junggesell.

KOKETTERIE. Wer wäre denn die schöne Frau, die mit dem Herrn von Luxus so ein Aufsehen macht?

FRITZ. Das ist ein angenommenes Kind von mir, die ich väterlich gepflegt und mütterlich großgezogen habe; geh, lach mich an!

KOKETTERIE. Ich darf halt einmal nit freundlich sein, es schickt sich nit! –

FRITZ. Du warst gewiß nit in Wien; da sind die Madeln größtenteils die Freundlichkeit selbst; sie kommen alle lächelnd auf die Welt.

KOKETTERIE. Das wäre alles schon recht; aber wenn man euch Mannsbildern einen Finger zeigt, so wollen sie gleich die ganze Hand.

FRITZ. Das sind die gewissen Nimmersatts; aber ich, ich bin eine Ausnahme meines Geschlechts. Jetzt machen s' just einen Landler auf, komm, laß uns tanzen, damit wir bekannter miteinander werden.

KOKETTERIE. Aber nur modest, denn mit der Modestie? macht manches Frauenzimmer die meisten Eroberungen. Fritz tanzt mit Koketterie, das Laster stürzt ihnen entgegen.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 146-148.
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