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[138] Es sprach der Geist: Sieh auf! Es war im Traume.

Ich hob den Blick. In lichtem Wolkenraume

Sah ich den Herrn das Brot den Zwölfen brechen

Und ahnungsvolle Liebesworte sprechen.

Weit über ihre Häupter lud die Erde

Er ein mit allumarmender Gebärde.


Es sprach der Geist: Sieh auf! Ein Linnen schweben

Sah ich und vielen schon das Mahl gegeben,

Da breiteten sich unter tausend Händen

Die Tische, doch verdämmerten die Enden

In grauen Nebel, drin auf bleichen Stufen

Kummergestalten saßen ungerufen.


Es sprach der Geist: Sieh auf! Die Luft umblaute

Ein unermeßlich Mahl, so weit ich schaute,

Da sprangen reich die Brunnen auf des Lebens,

Da streckte keine Schale sich vergebens,

Da lag das ganze Volk auf vollen Garben,

Kein Platz war leer und keiner durfte darben.
[138]

Quelle:
Conrad Ferdinand Meyer: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 2, München 1968, S. 138-139.
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