XVII
Die Mainzerspieße

[391] Sie machten mir ein Kämmerlein bereit,

Doch mied der Schlaf mich drinnen lange Zeit.


Ich hörte, wie das Pflaster dumpf erklang:

Die Mainzer Scharwach schritt mit schwerem Gang.


Mich heimelt's aus den alten Zeiten an,

Denn oft mit diesem Heer gedieh mir Span,


Wann nächtlich ich, vom Humpen übermocht,

Mit ihnen auf der Gasse klirrend focht.


Versuchte Männer sind's von Schluck und Hand,

Geworben rings in Hoch- und Niederland.
[391]

Ich lauscht im Finstern heiter und mir schien:

Die Spieße sangen etwas vor sich hin.


Ein alter Bierbaß sang gemütlich vor

Und zehen Bässe brummten nach im Chor:


»Das reine Wort sie sollen lassen stan

Und dafür keinen Dank noch Löhnung han.


Gerichtet ist der Fürste dieser Welt,

Uns tut er nichts, wie saur er auch sich stellt –«


Ich, von den Mainzerspießen auferbaut,

Sang mit in meiner dunkeln Kammer laut:


»Drum fürchten wir uns wahrlich nicht zu sehr,

Denn unser Gott ist eine starke Wehr.«

Quelle:
Conrad Ferdinand Meyer: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 2, München 1968, S. 391-392.
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