XXXV
Das Huttenlied

[412] Der Ufenau vorüber glitt ein Kahn

Ganz nah. Fast stieß er an das Ufer an.


Von fahrnden Schülern war der Nachen voll,

Ein Lied aus zwanzig jungen Kehlen scholl.


Im Buchenlaub verborgen, unsichtbar,

Lag nahe zum Berühren ich der Schar.


Das Ruder schlug den Takt der Melodie,

Entlang das Inselufer sangen sie:


»Behüte Christ das edel fränkisch Blut!

Es schreibet uns viel kostlich Bücher gut!


Aus Treuen tut's der Ritter, ohne Lohn,

Die Treu verspürt die deutsche Nation!


Der Römer schickt dir Mörder vor die Tür,

Ach edler Hut aus Franken, sieh dich für!«2


Sie brachen Zweiglein ab vom Buchenhag

Und keiner ahnte, wer dahinter lag.
[412]

2

Huttenlied.

Quelle:
Conrad Ferdinand Meyer: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 2, München 1968, S. 412-413.
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Huttens letzte Tage
Huttens letzte Tage. Eine Dichtung.
Conrad Ferdinand Meyer: Huttens letzte Tage / Das Amulett/ Der Schuß von der Kanzel
Huttens letzte Tage, Engelberg