Der Hain

[260] 1775.


Wie warst du, Hain, mir heilig, als ich mit ihr

Die ich unendlich liebe, durchs Grüne ging,

Als noch ihr blaues Auge Hoffnung

Mir in die dämmernde Seele strahlte!


An ihrem Arm hing meiner, und zitterte:

Durchs Leben, dacht' ich, leit' ich sie künftig so,

Und sah sie schmachtend an, und wandte

Weinend das Auge von ihr gen Himmel.


Da sangt ihr, Nachtigallen, mir Brautgesang!

Da blühtet, all ihr Blumen, zu Kränzen mir!

Da seufzt' ich, sah sie an, und wandte

Wieder das Auge von ihr gen Himmel.


Ach Gott, ach Gott! Wie hat sich mein Herz getäuscht!

Klagt, Nachtigallen! Trauert, ihr Blumen all!

Sie liebt mich nicht! Zum letztenmale

Sah ich sie hier, und sie floh auf ewig!


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 50, Stuttgart [o.J.], S. 260.
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