Der Traum

[175] 1772.


Am Himmel blinkte

Dianens Schein,

Und Liebe winkte

Mir in den Hain.


Ich warf die Glieder

Auf junges Mos

Am Bache nieder,

Der vor mir floß.[175]


Auf glatten Kieseln

Quoll er daher,

Und auf sein Rieseln

Kam Morpheus her.


Ein Traum erquickte

Mich himmlisch süß,

Ich schlief und blickte

Ins Paradies.


Durchirrte Fluren

Voll Seligkeit,

Sah keine Spuren

Von Haß und Neid.


Ging, wie ein König,

Voll Stolz einher,

Und dachte wenig

An Mädchen mehr.


Allein Elise

Küßt' aus dem Glück

Im Paradiese

Mich schlau zurück:


Und süßre Freude,

Als kurz vorher,

Schuf um uns beide

Die Liebe her.[176]


Erwacht' ich immer

Vom Traum so süß:

Dann wollt' ich nimmer

Ins Paradies.


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 50, Stuttgart [o.J.], S. 175-177.
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