Alverde an den Pfalzgrafen

Otto von Wittelsbach.

1207.

[192] Ich habe den Brief gelesen, den euch mein Bruder schreibt, um Gotteswillen begünstiget alle seine weitaussehenden Hoffnungen, sie sind das einzige Mittel, seinen Rückfall in jenen fürchterlichen Zustand zu verhüten, dem er kaum entgangen ist. Was mich anbelangt, ich hoffe wenig und fürchte viel, aber ich verschließe meine heimliche Angst in meinen Busen. Die Hauptsache ist jetzt, meinen Bruder von Pamiers zu entfernen; seine Gegenwart hier taugt zu nichts, als ihn in neue Gefahren zu stürzen, und die Lage der Gräfin von Toulouse noch bedenklicher zu machen. Die Großmuth, mit welcher sich diese edle Seele für den verwendete, den sie nie anders kannte, als Alf von[192] Dülmen, und für den sie nichts weiter fühlt als Mitleid, da ihr seine Leidenschaft für sie ganz unbekannt ist, diese Großmuth, dieses dringende Bitten um seine Befreyung, als er gefangen war, ihr Kummer über den Abschlag, ihre Betrübniß über seinen vermeynten Tod, ihre Freude, als sie von ohngefähr erfuhr er sey frey, werden ihr hier ganz falsch ausgelegt, und es ist nichts besser, als daß Alf von Dülmen gänzlich verschwinde, um ihr Ruhe zu schaffen.

Wie ihr seine Befreyung bewürkt, wie ihr den Bischof von Kastilien genöthigt habt, ihn herauszugeben, das ist Gott bekannt, mir ziemt es nicht darnach zu fragen, es scheint, euch und den eurigen ist alles möglich, und ihr könntet wohl dem Tod und die Hölle zwingen, ihre Gefangenen wieder heraus zu geben. Möchte sich doch eure Macht auch auf die unglückliche Alix erstrecken! aber es scheint, man muß in euren Bund gehören, um eure Hülfe vollkommen zu genießen, und der schwächere und am meisten hülfsbedürftige Theil des menschlichen Geschlechts, wird sich also immer eurer Macht am wenigsten zu getrösten haben.

Lebt wohl, edler Pfalzgraf. Die Warnungen, wegen eurer Verlobten, der Prinzessin[193]

Elise, schlagt nicht in den Wind, sie haben ihre guten Gründe.

Quelle:
Benedikte Naubert: Alf von Dülmen. Leipzig 1791, S. 192-194.
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