Bernhard, Herzog zu Sachsen, an Pfalzgraf Otten von Wittelsbach.

1198.

[49] Mit was für Herzen, mein Otto, hätte ich nach dem Kaiserstuhl streben, oder vielmehr, da er mir geboten wurde, ihn annehmen sollen? Die sichtbare und die unsichtbare Obergewalt im deutschen Reiche können und dürfen nie in einer Person vereinigt seyn, ich hätte die letzte aufgeben müssen, um die andre zu behaupten, und urtheilet ihr selbst, ob dieser Tausch vortheilhaft gewesen wär. Das höchste Gut des redlichen Mannes ist Gelegenheit und Macht, der Bosheit zu steuern und das Gute empor zu bringen. Der Stuhl,2 auf welchem ich im Verborgenen sitze, giebt mir dieser Gelegenheiten tausend, ich möchte sie nicht missen, um zehn Kaiserthrone; auch ist das Schwerd furchtbar, das ich in den Händen trage, ich möchte seine Schärfe keinen andern als den meinigen anvertrauen. Unheil damit anzurichten, wär leicht, wie sollte ich es um einen Scepter vertauschen, und dadurch den, der wie ihr wißt, nach mir[49] der nächste ist, und der es nach mir aufnehmen würde, in Gefahr setzen, ein Tyrann zu werden.

Dinge, wie diese, versteht kein Profaner, ihr, die ihr schon auf gewisse Art zu den Wissenden gerechnet werden könnt, könnt viel davon verstehen.

Nein, mein Otto, ich neide Kaiser Philippen nicht seiner Erhöhung, und zürnen könnte ich nur aus einem Grunde mit ihm: Der Herzog von Zähringen hat sich seine Ansprüche um 12000 Mark abkaufen lassen, wie habe ich verdient, daß mir ein ähnliches geboten wurde! – Doch Philipp kennt Bernharden von Sachsen nicht, das ist seine Entschuldigung! Es ist verschmerzt, mein Zorn ist vorüber. Zum Zeichen, wie gut ich es mit dem neuen Kaiser meyne, sagt ihm, was er unmöglich noch wissen kann, (ihr wißt, keine Posten gehn schneller als die unsrigen;) sagt ihm, der nunmehrige Pabst fange an, sich ihm als einen fürchterlichen Feind zu beweisen. Die Vormundschaft über den jungen König von Sicilien hätte nicht vernachläßigt werden sollen, sie ist nun in seinen Händen. Doch dies ist eine alte Zeitung, aber diese ist neu, daß er den kaiserlichen Präfekt der Stadt Rom gezwungen hat, ihm, dem Pabst, den Eid der Treue zu schwören,[50] daß Markgraf Markard der Mark Ankona, und Konrad von Schwaben seines Herzogthums Spoleto beraubt, nächstens in Deutschland seyn werden, daß alle lombardischen Städte sich dem furchtbaren Innozens unterwerfen, und Thuscien nächstens das nehmliche thun wird. Sehet hier eine Menge Dinge, die Philipp eilig wissen muß, um Gegenvorkehrungen zu treffen. Gehet, empfehlet euch ihm mit denselben. Er hat schöne Töchter und keinen Sohn, könnte er sich doch mit einer derselben Pfalzgraf Otten zum Sohn eintauschen, dies würde Glück für beyde seyn, mich dünkt, Philipp braucht einen Helden, wie ihr, zur Stütze seines Throns, der wahrscheinlich, besonders von Rom her, viel Erschütterungen erfahren wird, und ihr braucht eine holdselige Gattin, die euch, nachdem ihr lang genug die Mühseligkeiten des Kriegs empfandet, die Freuden des häuslichen Lebens schmecken lehre. Möchte mir doch ähnliches Glück lachen! möchte mich doch der Besitz der schönen Adila von Pohlen meinen trübseligen Wittwerstand vergessen machen! Doch sie ist noch sehr jung, und die Sache leidet Aufschub.[51]

Quelle:
Benedikte Naubert: Alf von Dülmen. Leipzig 1791, S. 49-52.
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Alf Von Dülmen: Oder Geschichte Kaiser Philipps Und Seiner Tochter , Aus Den Ersten Zeiten Der Heimlichen Gerichte (German Edition)