Der Kardinal Lothar an den Bischof

von Kastilien.

1198.

[45] Ich schreibe euch noch unter meinen alten Namen, ungeachtet ich schon eines neuen und glorreichern gewiß bin. Bald wird die ganze christliche Welt mich als ihr sichtbares Oberhaupt verehren, aber dem ehrwürdigen Hirten der kastilischen Heerde werde ich nie etwas anders als Freund seyn.

Noch würde ich nicht gesiegt haben, wär nicht der alte Nebenbuhler meiner Größe, der alte Feind all meiner Anschläge, wär nicht Philipp von Thuscien schnell nach Deutschland gefordert worden, daselbst seine eigenen Angelegenheiten zu betreiben; und wißt ihr, worin dieselben bestehen? in nichts geringern, als in der Erlangung des Kaiserthums. O mein Freund, bekennt die Uebermacht meiner Einsichten gegen die eurigen! – Als Kaiser Henrich Philippen die Vormundschaft über den unmündigen Friedrich auftrug, da waret ihr bereit zu wetten, der treuherzige Schwabe, wie ihr den Thuscier nanntet, würde Blut und Leben für das Wohl seines Mündels aufopfern, würde ehe sterben,[45] als diesem Kinde die römische Krone entreißen lassen; ihr wißt was ich euch damals sagte, jetzt liegt der Erfolg meiner Behauptung am Tage. Die deutschen Fürsten mögen kein Kind zu ihrem Herrscher haben, und der ehrgeizige Philipp vergißt seine Vormundschaft so ganz, daß er sehr geneigt ist, sich in ihren Eigensinn zu fügen.

Ob es ihm gelingen, ob es meinem alten Hasser gelingen wird! – Ihm ward am nehmlichen Tage der Kaiserstuhl geweißagt, da mir jener Mönch die dreyfache Krone prophezeihte, die letzte ist mir gewiß, wird es ihm auch der erste seyn? Er hat mächtige Nebenbuhler, mir darf sich niemand entgegen setzen. Zwar dem geizigen Herzog von Zähringen könnte er wohl seine Ansprüche mit Gelde abkaufen, aber was will er gegen den weisen uneigennützigen Bernhard von Sachsen beginnen, welcher zum Kaiser gebohren zu seyn scheint? Mir wär – da doch nun einmal das Schicksal die Päbste und die Kaiser in seine Wagschalen gesetzt hat, einander das Gegengewicht zu halten, – mir wär ein solcher Gegenmann, wie Bernhard fürchterlich, und wenn ich alles betrachte, so wollte ich fast Philippen noch lieber als ihm das Diadem gönnen! – Auf jeden Fall müssen[46] Maaßregeln genommen werden, und höret wie ich sie genommen habe:

Ich komme von dem Sterbebette der Kaiserin Konstanzia. Ich habe ihr Philipps Treulosigkeit nachdrücklich vorgestellt, und das dadurch erlangt was ich wünschte. Philipp, sagte sie, verläßt seinen Mündel, und sucht das für sich, was dem Sohn Kaiser Henrichs zukam? Wohl gut, ich muß die Sorge für dieses unglückliche Kind treuern Händen empfehlen. Ich lege sie in die eurigen, Graf von Segni, in die eurigen, ihr, den ich schon als Statthalter Christi verehre. Legt eure Hand in die meinige, und schwöret mir, daß ihr dem verlassenen Friedrich die Krone seines Vaters erhalten wollt!

Ich schwur ihr, Friedrichen die Krone seines Vaters zu erhalten, wobey ich zwar eigentlich keine andere in den Sinn nahm, als die von Sicilien; doch würde ich gar nicht dawider seyn, wenn ich ihm auch die deutsche erhalten könnte. Friedrich wär Kaiser, der Pabst sein Vormund, könnte etwas glücklichers für die Christenheit erdacht werden? – Doch dieses Unternehmen möchte wohl, wie ich besorge, zu viel Blut kosten, möchte mir auf alle Art unausführbar seyn, ich kenne den Starrsinn der deutschen Fürsten, und hütete mich daher wohl, etwas mehr zu versprechen als ich halten konnte.[47] Die Kaiserin war nach Art aller Matronen unfähig ein Mißtrauen in die Worte eines Geistlichen zu setzen, glaubte durch mein Versprechen all ihre Wünsche gewährt, und entschlief wohl zufrieden.

Friedrich ist nun mein Mündel und König von Sicilien, aber nur auf gewisse Bedingungen, welche heute zu melden, da ich noch Graf von Segni oder Kardinal Lothar bin, lächerlich seyn würde; morgen wird der Pabst aus einem andern Tone sprechen.

Das was euch nach der Standserhöhung eures Freundes in diesem Briefe das Wichtigste seyn wird, habe ich auf die letzt verspart. Die unter uns beyden beschlossene Vermählung des kastilischen Prinzen mit der jungen Gräfin von Toulouse ist so gut als richtig; heute habe ich Nachricht von dem Beichtvater des Grafen, er hat mit ihm von der Sache gesprochen, und ihn geneigt gefunden, und ihr könnt auch nun eurem Könige davon sagen, dessen Einwilligung zu erhalten, es euch nicht an Mitteln fehlen kann.[48]

Quelle:
Benedikte Naubert: Alf von Dülmen. Leipzig 1791, S. 45-49.
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Alf Von Dülmen: Oder Geschichte Kaiser Philipps Und Seiner Tochter , Aus Den Ersten Zeiten Der Heimlichen Gerichte (German Edition)