Der Graf von Segni an den Bischof

von Kastilien.

1207.

[125] Wir sind nun beyde zu Pamiers, aber die Klugheit will es, daß wir uns weder kennen noch Gemeinschaft mit einander haben, daher sey das, was uns beyden zu wissen noth ist, der Feder oder dem jungen Dominikus Gutzmann vertraut, doch der ersten noch mehr als dem letzten; der junge Mensch besitzt zu viel tugendhafte Schwermerey, als daß er mit allem zufrieden seyn könne, was hier nöthig ist; sein Feuereifer für die Wahrheit, sein Ehrgeitz müssen genutzt werden, ohne daß man ihn überall das Ganze durchschauen lasse. –

Gesegnet sey die Reise nach Pamiers! sie hat uns großen Vortheil gebracht, und wir sehen uns nun im Stande darauf fort zu bauen, was Pabst Lucius der Dritte bereits einigermaßen angefangen hat.

So wie die Christenheit bisher unter dem verborgenen Scepter weltlicher unbekannter Richter lebte, so beuge sie sich nunmehr vor einen geistlichen6 heimlichen Gericht, die Erde säubre[125] sich auf diese Art von dem untilgbaren Unkraut der Ketzerey, und das Feuer reinige das Gold des Glaubens von den Schlacken, die wir nun erst überall wo sie verborgen liegen, auszuspähen im Stande seyn werden.

Es kann dem jungen Dominikus sein Gesuch zu Stiftung eines neuen Ordens so wenig abgeschlagen werden, als wir es dem frommen Johann Bernardon abgeschlagen haben; er errichte einen Predigerorden zu Bekehrung der Ketzer, und sende, so wie jener thut, seine Jünger aus in alle Welt, sie dem Glauben unterwürfig zu machen. Diese Leute werden unsere Augen und Ohren seyn, die uns zu jener Allwissenheit verhelfen, deren sich die furchtbaren Richter vermittelst der zahllosen Mitglieder ihres Gerichts rühmen; wir haben sie nun erst ganz kennen gelernt, und uns zum Vorbild gewählt; es ist Schande, daß wir von den Weltlichen in solchen herrlichen allgemein nützlichen Dingen ein Muster nehmen sollen; aber wir hoffen, wenn wir unser Original in der Nachbildung übertreffen, dennoch vor ihm den Preiß zu gewinnen.

Laßt uns aber bey Erreichung dieses grossen Entzwecks auch einige Nebendinge nicht versäumen; unsere billigen Beschwerden über Kaiser Philippen sind, wozu uns auch äußerlich[126] die Staatsklugheit nöthige, noch nicht vergessen; fast gleichen Antheil an unserm Haß hat Otto von Wittelsbach, der kühne Mann, der uns durch Briefe und stolze Worte zu schmähen wagte. Zu ihnen gesellt sich ein Dritter, Graf Adolf von ***, den wir wegen widerrechtlicher Anmaßung geistlicher Güter billig hassen; er schwärmt, so hat der Bischof von Sutri endlich durch seine Nachforschungen gewiß gemacht, nachdem ihn Peter von Kalatin auf unsern Befehl aus seiner Sicherheit aufjagte, unter dem Namen Alf von Dülmen in der Welt umher. Könnten wir doch diese drey auf eine Stelle versammeln, um sie mit einem Schlage desto gewisser zu treffen! könnten wir doch einen durch den andern fällen! es ist billig, daß ein Gottloser der Henker des andern sey, und die Hände der Heiligen Gottes rein erhalten werden!

Diesen Otto von Wittelsbuch mit Philippen zu entzweyen, scheint eine Unmöglichkeit zu seyn, seine Treue für ihn ist felsenfest, er verschmerzt ihm zu Liebe, was sonst nie ein Deutscher verschmerzte, Wortbruch und Beschimpfung.

Doch Otto kann sich leicht Kunigunden rauben lassen, da die schöne Elise ihm zu Theil wird, o ließ sich auch dieses neue Band zerschneiden mit welchen Philipp ihn an sich zu fesseln sucht! Elise hätte sich wohl besser zur[127] Königin von Kastilien geschickt als die Gräfin von Toulouse, eine heimliche Anhängerin des verdammten Waldus, eine Leserin verbotener Bücher, die künftige Verfälscherin des rechten Glaubens, der sich, Gott und eurer Vorsicht sey es gedankt, bisher so herrlich an dem Hofe und in den Landen eures Königs erhalten hat.

Quelle:
Benedikte Naubert: Alf von Dülmen. Leipzig 1791, S. 125-128.
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