Der Unbekannte an Alf von Dülmen.

1207.

[128] Unter diesem Namen, höre ich, habt ihr eure Lande verlassen, und ich halte es für Pflicht, euch darüber zu Rede zu stellen. Euch ist bekannt, daß euch nach den Gesetzen, die ihr beschworen habt, nicht erlaubt ist, den Ort eures Aufenthalts ohne mein Vorwissen zu verlassen, noch viel weniger euren Namen zu ändern, ohne in Angelegenheiten des großen Bundes. Ihr seyd zu Pamiers gesehen worden, was trieb euch dahin, wohin ihr nicht gefordert wurdet? was trieb euch an einen Ort, den ich selbst nicht betreten zu haben wünschte? Ich lernte dort einen Grafen von Segni kennen, welcher Mittel[128] wußte, sich mein ganzes Herz zu eigen zu machen. Bey einer Jagdpartie, die für mich sehr unglücklich hätte ablaufen können, dankte ich ihm mein Leben. Von diesem Augenblick an war er unablässig um mich beschäftigt, er war der einnehmendste Mann, den ich je gesehen habe, meinem Urtheil nach, gleich vortreflich an Geist und Herzen, schon dachte ich auf Mittel, ihn für unsere Verbindung zu gewinnen, als er sich mir als bereits einen der unsern bekannt machte, als einen, der, nachdem was er wußte, schon eine hohe Stufe in dem unsichtbaren Reiche erstiegen hatte. Ich kannte ihn nicht; wie wär es möglich, alle Glieder der endlosen Kette zu kennen, ich kannte ihn nicht, aber ich traute ihm, mußte ihm trauen.

Wir sprachen viel mit einander von dem Innern des großen Bundes, ich zittre über das, was wir mit einander sprachen, da mir hinten nach aus einem einigen Umstande wahrscheinlich wird, daß ich hintergangen ward, daß ein Profaner mir Worte entriß, welche ewig ungesprochen hätten bleiben sollen. Ist dieses, so haben wir einen Verräther unter uns, irgend jemand lehrte ihn die Mittel, nicht allein mich unter meinem verdeckten Namen zu kennen, sondern sich auch auf eine Art, die ich weder muthmaßen,[129] noch vermeiden konnte, in meine Vertraulichkeit einzuschlingen.

Wehe euch, Alf von Dülmen, wenn ihr dieser Verräther seyd. Ich rufe das dreyfache Wehe über euch, und lade euch auf den Tag, den ihr aus der Zahl der Buchstaben errathen werdet, zur Verantwortung. Am nehmlichen Tage soll Gericht über Philipp, den Kaiser, gehalten werden, Gericht über unerhörte Beschuldigungen, die mir von ihm zu Ohren gekommen sind. Laßt Otten von Wittelsbach von diesen Dingen wissen, was er wissen muß, im Uebrigen schweiget.

Quelle:
Benedikte Naubert: Alf von Dülmen. Leipzig 1791, S. 128-130.
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