Die Fürstin von Kastelmoro an den Bischof

von Kastilien.

1207.

[171] Was für einen Posten hat man mir anvertraut? was für einer Person bin ich zur Hüterin gesetzt? – Diese Alix soll Königin von Kastilien werden? – Hier leset die Bücher, die[171] ihre Lieblingsunterhaltung sind, hier die Briefe, die man an ihre Jungfrauen schreibt! – Was wollen wir machen? eine Ketzerin auf den Thron setzen? unserm Prinzen eine Gemahlin geben, die weder ihn liebt, noch von ihm geliebt wird? – Leset, was der Unsinnige, dessen Brief ich hier einschließe, hievon schreibt. Sollte es möglich seyn, daß die kaiserliche Prinzessin dem Prinzen von Kastilien besser behagen würde, als diese Gräfin von Toulouse? – Und wär hier nicht auch ein Ausweg zu finden, eine Aenderung in der Sache zu treffen, ohne Wortbrüchig zu scheinen? –

Ihr müßt diese Dinge reiflich überlegen! – Man könnte nach Kastilien berichten, daß Alix eine heimliche Waldenserin ist, daß sie von einem Rasenden verfolgt wird, welcher nicht ehe ruhen wird, bis er sich ihrer bemächtigt hat; – doch das geht nicht! – Eilt, gebt mir euren Rath. Was ich thun kann, habe ich gethan, das ist, ich habe jene Alverde, deren heimliche Korrespondenz man mir verrieth, eilig entfernt, und zwanzig Spione aufgeboten, mir den Verwegenen auszukundschaften, der sich ihren Bruder nennt, ohne sich einen andern Namen zu geben. Ich habe auf jenen Alf von Dülmen, jenen Menschen, mit dem unerklärlichen Ansehen gerathen, der sich seit einiger Zeit[172] hier sehen läßt, ich habe Alverden darüber auszuforschen gesucht, aber weder Gewalt noch Güte konnten sie besiegen. Ich würde noch strenger gegen sie verfahren seyn, als ich gethan habe, wenn es nicht offenbar wär, daß in vergangener Nacht würklich ein Anschlag zur Entführung der Gräfin vorhanden war, der allein durch Alverdens Klugheit vernichtet wurde – Ich glaube allenfalls, ich könnte sie beybehalten, ohne zu fürchten, daß ihre Ehrlichkeit irgend einem der rasenden Anschläge ihres Bruders die Hand bieten würde, aber ich habe sie entlassen, weil sie der Gräfin von Toulouse mit unverbrüchlicher Treue ergeben ist, und sich Dinge ereignen könnten, bey welchen wir sie nicht zur Zeugin zu haben wünschen würden. Eilet, mir Antwort auf meine Fragen, Rath in meinen Verlegenheiten, und wenn ihr einen Entschluß gefaßt habt, die nöthigen Verhaltungsregeln zu schicken.[173]

Quelle:
Benedikte Naubert: Alf von Dülmen. Leipzig 1791, S. 171-174.
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