Nach Rom.

1207.

[103] Die Dinge, welche der Bischof von Sutri unter dem Siegel der Beichte von Pfalzgraf Otten erfahren hat, bestättigen sich: es ist gewiß, daß seit Karl des Großen Zeiten in Deutschland ein heimliches Tribunal besteht, das alle[103] todeswürdige Verbrechen ausfindig zu machen, und zur Strafe zu ziehen weiß, es ist zum Erstaunen, daß in so langen Jahren noch keiner von den tausenden, welche theils als Richter, theils als Beysitzer an diesem verborgenen furchtbaren Gericht Theil haben, gegen Beichtiger oder Freund von diesen heimlichen Dingen so viel verrieth, als uns auf die Spur leiten konnte, die uns jetzt der Entdeckung des Ganzen so nahe bringt. Die Winke, die der Bischof von Sutri von seinem Beichtsohn erhielt, sind klein, aber sie haben zu größern Aufklärungen geführt; der Pfalzgraf ist nur einer von der niedern Klasse der Wissenden, wir haben Personen unter unserer geistlichen Heerde, welche höher stehen, und von welchen man mehr erforschen kann. In den nächsten Tagen wird an dem kaiserlichen Hofe ein gewisser Alf von Dülmen erscheinen – (sein wahrer Name hat noch nicht erforscht werden können) – welcher Pfalzgraf Ottens vertrauter Freund ist, und der eine hohe Stufe in dem heimlichen Gericht begleitet. Er ist unterwegens in unsern Händen gewesen, aber alle Künste – Gewalt wollte man nicht brauchen, – sind nicht im Stande gewesen, mehr aus ihm zu bringen, als die Gewißheit, daß bey der Versammlung, die nächstens zu Pamiers gehalten werden soll, sich mehrere der Richter[104] und Beysitzer jenes Tribunals, vielleicht auch der oberste Stuhlherr, wie sie ihn nennen, sich unter verdecktem Namen einfinden werden. Es ist hochnöthig, daß man jetzt alle Anschläge zu Philipps Sturz und des kühnen Wittelsbachers Untergang auf die Seite setze, und einen schlauen Kopf nach Pamiers sendte, sich über Dinge zu unterrichten, die der Kirche zu wissen Noth sind.

Welcher Vortheil für sie, besonders in diesen kezerischen Zeiten, da das Unkraut der Waldenser und Albigenser sich immer mehr ausbreitet, wenn man die Gewalt dieses Tribunals an sich reißen, oder, da nach dem was wir erforscht haben, dieses unmöglich scheint, nach Maaßgabe dieses weltlichen Gerichts ein geistliches errichten könnten, welches die Macht und Allwissenheit des ewigen Richters auch seine wundervolle Einrichtung nachahmt, jedes Geheimnisses spottet, und das Verbrechen aus der tiefsten Dunkelheit zur Strafe zu ziehen weiß. Unser Herz wallt, unsere Hand zittert, da wir dieses schreiben, die Begeisterung zeigt uns in der Folgezeit Möglichkeiten, die auf diese einige Entdeckung gebaut, die Macht und Allgewalt der Kirche unumschränkt machen, und ihren Scepter über die ganze Erde verbreiten würden.[105]

Quelle:
Benedikte Naubert: Alf von Dülmen. Leipzig 1791, S. 103-106.
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Alf Von Dülmen: Oder Geschichte Kaiser Philipps Und Seiner Tochter , Aus Den Ersten Zeiten Der Heimlichen Gerichte (German Edition)