Pabst Innozens an die deutschen Fürsten.

1198.

[66] Da das Reich erst durch die Päbste von den Griechen auf die Deutschen gebracht wurde, da kein Kaiser diesen erhabenen Namen mit Recht führen kann, wir geben ihm denn Salbung und Krone, und da besonders mir, wegen erlangter Macht und Ansehens die Stimme der Entscheidung in solchen Sachen zukommt, so thut ihr recht und löblich, getreue Söhne der Kirche, daß ihr euch in gegenwärtigem zweifelhaften Fall an den heiligen Stuhl wendet, und ihm die Berichtigung der großen Frage vorlegt: Wer soll unser Oberhaupt seyn?

Es ist ein schmeichelhafter Beweiß eures Zutrauens auf unsere Unpartheylichkeit, daß ihr kein Bedenken traget, uns zu fragen, da ihr doch vielleicht wähnen könntet, wir möchten mit unserm Vorwort (daß wir unserer Stimme keinen höheren Namen geben) – auf unsern Mündel, den jungen König von Sicilien fallen, dessen wir als Vormund uns anzunehmen, vielleicht gehalten seyn möchten; doch fern sey es von uns, der Billigkeit entgegen für einen Prinzen zu sprechen, der hier gar nicht in Betrachtung kommen darf, indem er bey seiner ehemaligen[66] Ernennung zum Nachfolger seines Vaters, ja noch nicht einmal getauft, und folglich nicht wahlfähig war; – Wär indessen auch dieses nicht, so verwehrte doch auch sein gegenwärtiges noch zu zartes Alter schon jeden Gedanken auf ihn. Wehe dem Lande, des König ein Kind ist, und dessen Fürsten frühe essen! welches letzte vielleicht auf noch einen andern passen möchte, den wir sonst Freudschafts halber unser Wort gern zu geben geneigt wären.

Philipp von Schwaben ist unser Freund, aber darf Freundschaft bey einer Sache in Anschlag kommen, wo blos die Gerechtigkeit vorwalten muß? – Nein, sie darf uns nicht gegen die Wahrheit verblenden, darf uns nicht vergessen lassen, daß Philipp als ein Gewaltthäter von unserm in Gott ruhenden Vorfahren excommunicirt wurde, und noch unter dem Banne liegt; seine heimliche3 widerrechtliche Loszählung durch den Bischof von Sutri kann ihm hier nicht helfen. Warum heimlich, wenn, wie er rühmt, unser Beyfall auf seiner Seite war? Ueberdieses ist Philipp ein Wollüstling und Schwelger, bey welchem, wie wir oben berühmten, Tag und Nacht, Abend und Morgen der[67] Ueppigkeit geweiht sind, ein Meineidiger, welcher das Kayserthum an sich riß, das er seinem Mündel, dem jungen König von Sicilien zu erhalten schuldig war, ein Feind der Kirche, ein Abkömmling Heinrich des Fünften und Friedrich des Ersten, Heinrich des Sechsten Bruder, und all dieser Widersacher der Kirche würdiger Nachfolger, welcher schon einige Proben gegeben hat, was diese heilige Mutter von ihm fürchten muß.

Werdet ihr nach diesen angezogenen Punkten noch zweifeln, auf wen unsere entscheidende Stimme fällt? Was fehlt dem Herzog von Braunschweig? ist er nicht ein Held und eines Helden Sohn? ist er nicht ein getreues Kind der Kirche? Ihm mag nicht schaden, daß er später und von wenigern gewählt wurde, als Philipp, da er zur Regierung tauglicher, und uns und der Kirche anständiger ist als er.

Habt ihr indessen etwas wider diesen unsern Gewählten einzuwenden, so wollen wir euch in so weit eure Freyheit nicht beschränken, sondern euch nur andeuten, daß ihr euch bald über die Wahl eines Würdigern vergleichet, oder widrigenfalls gewärtig seyd, daß wir Otten von Braunschweig öffentlich als König erkennen, und zu uns nach Rom zur Kaiserkrönung berufen.[68]

Quelle:
Benedikte Naubert: Alf von Dülmen. Leipzig 1791, S. 66-69.
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Alf Von Dülmen: Oder Geschichte Kaiser Philipps Und Seiner Tochter , Aus Den Ersten Zeiten Der Heimlichen Gerichte (German Edition)