Pfalzgraf Otto von Wittelsbach, an die Prinzeßinn Elise.

1208.

[256] Nunmehr kann ich alles glauben, ich zweifelte an der Wiederholung der Treulosigkeit, die mir dein Vater, meine Verlobte, schon einmahl bewiesen hatte, nun kann ich alles glauben! Elise, verzeihe, daß ich aus einem Ton mit dir spreche, den ich mir noch nie erlaubte. Aber Eifer, Angst, Entsetzen, Furcht, auch dich zu verlieren wüthen in meinem Herzen, und lassen mich jede Schonung vergessen. Elise, du bist mir jetzt einen grossen Beweis deiner Treue schuldig, du mußt mit mir fliehen um der Gewaltthätigkeit zu entgehen, mit welcher man auch dich mir entreissen will. Die kastilischen Gesandten sind an dem Hofe deines Vaters angelangt, man wird dich ihnen mit oder wider deinen Willen ausliefern, man wird dich zu dem Throne schleppen, der noch von dem Blute deiner Vorgängerinn träuft, und den du nicht ohne doppelte Treulosigkeit besteigen kannst!

O des falschen, falschen Kaisers! Um meine erste Braut betrogen, in der Werbung[256] um die pohlnische Adila durch falsche Briefe getäuscht, soll ich nun auch Elisen verlieren?

Noch einmahl, du Verlobte Wittelsbachs, der bey Gott nicht mit sich spielen läßt, verlaß den treulosen Vater, und wirf dich in die Arme deines Gemahls, die Bande, die dich an mich fesseln, sind jetzt die stärksten, du kannst sie nicht ohne Ruchlosigkeit zerreissen. Mein Bote wird dich dahin führen, wo ich wenige Meilen von der Stadt mit meinen Reisigen deiner warte, erscheinst du nicht, sehe ich ihn einsam zurückkehren, so nimm die Verantwortung der schrecklichsten Folgen über dich.

Quelle:
Benedikte Naubert: Alf von Dülmen. Leipzig 1791, S. 256-257.
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Alf Von Dülmen: Oder Geschichte Kaiser Philipps Und Seiner Tochter , Aus Den Ersten Zeiten Der Heimlichen Gerichte (German Edition)