5.


Unterthäniges Schreiben eines Schulmeisters an seinen Metropolitan, betreffend einen [120] partum praematurum1.

Gestrenger aber doch gerechter Herr Patron!


Die Unschuld muß endlich an das Licht kommen. Da Eu. Hochwürden bekannt, daß ich vor 1/2 Jahr geheurathet, meine Frau aus großer avection vor 3 Tagen mit 2 Töchterlein ins Kindbett gekommen, so habe ich hierdurch der Unschuld zuvorkommen wollen, da man mir auf Seiten des Herrn Pfarrers droht, puplicam potentiam zu thun, und zwar ecclesiam, weilen meine Frau zu früh ins Kindbett gekommen. Dieses ungerechte Verfahren habe ich Eu. Hochwürden unterthänig bekannt zu machen und Ihren Beystand zu suchen. Ich habe über die Frühzeitige Geburt meine Frau auf das künstlichste examiniret, sie will aber von keinem andern wissen, als von mir. Soll und muß ich Vater zu den 2 armen Würmerchen seyn, so haben sie das Licht der Welt übernatürlich erblicket, und ich wünsche sehr, sie hätten noch im verborgenen gelegen. Doch ich konnte Ihnen den Ausgang nicht versperren. Wenn der[121] Apfel reif ist, so fällt er vom Stamm. Aber diese Kinder sind ausgefallen. Ich habe mich über diese seltsame Begebenheit bey unserm Herr Doctor Vernhagen zu C*** befraget, dieser hat mich versichert, partus septem ester könnte ohne Schwierigkeit pass- und repassiret werden, weilen eine Ganß nur 4 Wochen zu brühen habe, ja ein Spatz in 8 Tagen seine Jungen machte. Dieses will der Herr Doctor zu meiner Vertheidigung auf Verlangen an das Hoch-Fürstliche Consistorio einschicken. Damit ich aber in Zukunft vor den Anfällen des Herrn Pfarrers gesichert seyn kann, so bitte Eu. Hochwürden, die Patronität für mich und meine Frau zu haben, den Herr Pfarrer dahin anzuweisen, mich wegen der beschuldigten criminositeten in Ruhe zu lassen, anders ich mich genöthiget sehe, processus zu exerciren, und solche fama ad ulteram mit allen Rechten auszumachen. Ich bin zu Euro Hochwürden Patronitet Eu. Hochwürden


unterthänigster Knecht und Schuldiener Johan Heinrich Schefer.


Geschrieben zu Hauß unter allen beschuldigten criminositeten.

Heringshausen d. 6. July 1767.[122]

Fußnoten

1 Frühzeitige Geburt.


Quelle:
[Nebel, Ernst Ludwig Wilhelm:] Medicinisches Vademecum für lustige Aerzte und lustige Kranken [...] Theil 1–4, Frankfurt, Leipzig 1795 (Bd. 1), 1796 (Bd. 2); Berlin, Leipzig 1797 (Bd. 3); Berlin, Leipzig 1798 (Bd. 4).
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