Bey der Hohen Vermählung Ihr. königl. Hoheit Printz Friedrichs, Königlichen Cron-Printzens in Preussen, mit Der Durchlauchtigsten Printzessin Elisabeth, aus dem Hoch-Fürstl. Durchl. Hause Braunschweig-Lüneburg-Bevern, in Saltzthal am 12. Juny im Jahr 1733 überreichte dieses mit unterthänigster Ehrfurcht Friederica Carolina Neuberin

Durchlauchtigster!

Du treibst mich so!

Du zwingst mich jetzt ein Lied zu dichten!

Du machst die halbe Welt vergnügt und hertzlich froh!

Kann ich auch das geschickt verrichten,

was Männern viel zu schaffen macht,

die gut und hoch zu dencken wissen;

die grosser Helden That oft lebhaft abgerissen;

und die, bey Deiner jetzgen Pracht,

die Kunst und Wissenschaft auch höher noch getrieben,

dass mir so gar nichts übrig blieben?


Doch ihre Kunst betäubt mich nicht:

Die Regung bleibt; die Pflicht muss sprechen.

Dein Werth ist da: der giebt mir Licht,

der schlauen Kunst den Stoltz zu brechen;

dass ich mit Ehrfurcht dencken kan,

behertzt, aus reiner Treue, schreibe,

durch Deine hohe Kraft in Worten wahrhaft bleibe.

Das ist mein Trieb! der reitzt mich an;

den setz ich hier allein der Wissenschaft entgegen;

der hilft mir reiflich überlegen.


O! Friedrich! Muntrer Königs-Sohn!

Du Bräutgam in der grössten Blüthe!

zeigst nicht die Hoffnung nur: Du bringst, Du giebst sie schon.

Dein hoher Geist, Verstand, Gemüthe;[162]

der Trieb zu Deiner klugen Wahl,

der Hoffnung stärkt und Helden reget,

dass Deine Zärtlichkeit auch ihre Brust beweget:

Bringt Dir Dein würdigstes Gemahl,

das keinen andern Zug, Trieb, Gunst, Lust und Verlangen

als nur nach Dir allein empfangen.


Elisabeth! Dein stiller Muth,

Dein reiner Blick dringt durch zur Seele.

Dein Bräutigam empfindt die innerliche Gluth;

Er sorgt, dass Er Dir nicht verhöhle,

wie Du Sein Allerliebstes bist.

Er ist Dir gantz allein ergeben.

Er lebet nur, mit Dir einst königlich zu leben.

Wie Deine Tugend würcklich ist;

So würdig ist Sein Werth den Deinen zu erkennen.

Ihr seyd die würdigsten zu nennen!


Held! König! Der die Feinde schreckt,

und Freunde Königlich besieget

Hast Du Dein Krieges-Hertz in Weichlichkeit versteckt,

das es mit stiller Liebe krieget?

Nun gilt kein Donner in der Luft,

der Felsen sprengt und Berge reisset,

den Wall verwüst, durchwühlt, die Thüren niederschmeisset;

Und niemand, der: Gebt Feuer! ruft.

Doch ja! der Stücke Knall blitzt, schmettert, fährt geschwinder

zu Ehren Deiner liebsten Kinder.


O! Preussens Grosse Königin!

Du hast des jungen Friedrichs Tugend

vor Deine Sorgsamkeit und Liebe zum Gewinn,

und Deine Lust an Seiner Jugend.

Sein Band ergötzet Deine Brust.

Dein Wille macht es rühmlich feste

Du suchest und besorgst vor Ihn das allerbeste;

Liebst Seine Braut, ehrst Seine Lust,

sprichst ein zufriednes Ja aus wahrem Mutter-Triebe,

und liebst in Ihm die Macht der Liebe.


Beglückter Hertzog Ferdinand!

Vergnügter Vater! Nun empfinde!

Lass Deiner Regung Raum; Mach Deine Lust bekannt;

Sprich Seegen; Gieb die Hand; verbinde;

Sprich jedes Wort mit neuer Kraft

zur Tochter, Deines Stammes Freude!

Nun ist Sie grösser Dein. Nun ehren Sie Dich beyde.

GOTT, der Dir diese Lust geschafft,[163]

muss selber seine Lust an der Verbindung sehen:

Er wollte: Nun Sie ist geschehen.


Heut, Antonette! wirst Du Dich

der Freuden-Thränen kaum erwehren:

Elisabeth, Dein Kind, soll künftig Königlich

der Preussen Stamm und Hauss vermehren.

Du bist der Ursprung solcher Frucht.

Der König hat diss Bündniss schlüssen

und, Dir zum höchsten Ruhm, die Braut erwehlen müssen,

Elisabeth folgt Deiner Zucht,

sieht auch den Tag auf Dich, lernt Deine holden Blicke,

bringt sie dem Bräutigam zurücke.


Printz Carl! Du hast, bey Geist und Muth,

gelassne Huld und Helden-Flammen;

Du hast der Mutter Bild; des Vaters tapfres Bluth,

und zwar im höchsten Grad, zusammen.

Wie Dir der Grosse Ludewig,

als Gross-Herr-Vater, vorgegangen;

Was Dir der Vater zeigt; wie Der hat angefangen;

So gehst Du nach! So hebst Du Dich!

Kannst Du die Helden Bahn, den Weg der Väter, finden:

So kannst Du Dich auch gross verbinden.


Printzess aus Königlichem Stamm

und Braut von Carl, dem jungen Helden!

Die Tugend wird von Dir dem muntern Bräutigam

die reinste Wahrheit selber melden.

An Seiner Wahl erkennt man Dich.

An Deiner Wahl ist Er zu kennen.

Das Bündniss, das Ihr schliesst, kann keine Zeit zertrennen.

Es fängt itzt an; Befestigt sich;

Nimmt zu; wird Dir, dem Land, dereinst mit langem Leben,

die allergrössten Helden geben.


Was grosse Kayser würdig sind;

Und was ein König wünschen wollen;

Das haben Sie von Dir, durch Kind und Kindes Kind;

von Hertzog Ludwig hohlen sollen.

Sie sind vor Dich. Du bist vor Sie.

Bist selbst ein Held. Kanst Helden zwingen.

Die Helden suchen sich an Deinen Stamm zu dringen,

und spahren weder Pracht noch Müh.

Sie hohlen Kinder ab, und bringen Kinder wieder,

zu Deinem Ruhm, als Helden-Glieder.


Was Ehrfurcht macht, und Grossmuth hat;

Verstand, Vernunft und Weissheit heget:[164]

Bist Du Louise. Ja! Die Augen zeigens satt!

Dahin ist diese Kraft geleget,

die folgen lehrt, die Kinder zieht;

die Hertzen rührt, und Helden führet;

Du bist die Gross-Mama, so gantz Europa zieret,

und ihrer Früchte Blüthen sieht;

Die Kayser Söhne nennt, und Fürsten Töchter giebet;

Die klug befiehlt, und zärtlich liebet.


GOTT, Euer König, steht Euch bey:

Wie Seine grossen Eigenschafften

in eigner Kraft und Macht starck, wahrhafft, ewig, treu,

unnennbarlich zusammen haften.

Wie festgestellt Sein Vorsatz ist;

Wie Seine Weissheit Menschen führet;

die Höchsten Fürsten setzt, und Könige regieret;

Wie wenig Er Sein Wort vergisst:

So kräftig, so gewiss, so reich wird er den Seegen

auf Euer Land und Kinder legen.


Quelle:
Friedrich Johann Freiherr von Reden-Esbeck: Caroline Neuber und ihre Zeitgenossen. Leipzig 1881, S. 147.
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