14. Am fünfften Sontage nach der H. drey Könige Tage

[211] Coloss. 3.


Auff den 1. Psalm

Wer nicht mit den Gottlosen geht zu Rath.


Dencket und erwegt, o Brüder, jederzeit,

Daß ihr erwehlt und Liebste Gottes seyd;

Seyd nicht verstockt, betrachtet, daß wir Armen

Gebrechlich sind; tragt hertzliches Erbarmen,

Liebt Freundligkeit, Gunst, Demut und Gedult

Und übertragt deß Nechsten seine Schuld.


Wenn jemand schon mit Rechte klagen kan,

Jedoch vergebt, wie Christus euch gethan;

Last aber euch für andern Sachen allen

Auff dieser Welt die Liebe wolgefallen,

Sie ist das meist', ist der Vollkommenheit

Ihr starckes Band und währt in Ewigkeit.


Laß euch ja lieb den Frieden Gottes seyn,

Reumbt danckbar ihm Gemüth' und Sinnen ein,

Wo euch soll Gott, die Liebe selbst, belohnen.

Laßt Christus Wort ja reichlich bey euch wohnen,

Denckt, wie ihr euch ermahnet, führt und lehrt,

Zu Gottes Lob', als Brüder angehört.


Schaut zu, daß ihr dem Herren Psalmen singt,

Daß eure Stimm hoch an die Wolcken dringt,

Regt Hertz und Mund, laßt schallen hin und wider

Deß Herren Ruhm, die himmelsüssen Lieder,

Und alles das, so wird von euch gethan,

Das fangt mit Danck' in Jesu Namen an.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 211.
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