22. Am Sontage Judica

[218] Zun Hebr. am 9.


Auff den 146. Psalm

Meine Seel mit allem Fleisse.


Christus ist auff Erden kommen,

Hat ein hohes Priesterthumb

Unter seine Pflicht genommen

Ueber Güter, derer Ruhm

Ferren von Vergängligkeit

Blühen wird in jener Zeit.


Seine heilig-schöne Hütte

Ist gemacht nicht mit der Hand;

Kälberfleisch und Bockgeblüte

Wird umbsonst vor ihm verbrandt:

Er erwirbt das höchste Gut

Durch sein eygnes werthes Blut.


Denn wo Blut von Vieh und Böcken,

Wo die Asche von der Kuh

Kan der Menschen Mackel decken

Und sich dringt dem Himmel zu,

Was verdient nicht durch sein Blut

Christus, aller Güter Gut?


Er hat selbst sich hingegeben

Für die Sünde dieser Welt,

Daß wir möchten heilig leben;

Er hat kräfftig abgestellt

Durch das neue Testament,

Das, was Gott und Menschen trennt.


Er hat, weil er ist gestorben,

Dem, was an uns sterblich war,

Leben, Trost und Gnad' erworben;

Nun wird die beruffne Schar,

Erbe sein nach dieser Zeit

Der gewündschten Seligkeit.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 218.
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