28. Am Osterdiensttage

[222] Actor. 13.


Auff den 134. Psalm

Ihr Knecht deß Herren allzugleich.


Ihr Männer, Abrahams Geschlecht,

Das Gott lieb hat und helt sein Recht,

Ihr habt deß Heiles Wort erkand,

Es ist zu euch herab gesand.


Jerusalem verstand, es nicht,

Den Häuptern schiene zwar diß Liecht,

Jedoch fand der Propheten Wort

Bey ihnen weder Zeit noch Ort.


Drumb haben sie es auch vollbracht

Mit ihres Urtheils blinder Macht,

Der Todt ward durch sie zuerkand

Dem, den man ohne Schuld befand.


Nach dem sie ihn zum Creutz' erhöht,

Als wie von ihm geweissagt steht,

So namen sie ihn da herab

Und legten seinen Leib in's Grab.


Er aber ist durch Gottes Macht

Vom Tode wieder auffgewacht,

Hat seiner Schaar sich selbst gezeigt,

Die solches billich nicht verschweigt.


Den Trost, der vormals ist geschehn

Den Vättern, haben wir gesehn:

Wir wissen, daß nun allbereit

Verhanden sey die Gnadenzeit.


Gott hat uns Jesum aufferweckt,

Hat unsre Sünden zugedeckt

Und die Verheissung so erfüllt,

Daß kein Todt weiter bey uns gilt.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 222-223.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche Dichtungen
Weltliche und geistliche Dichtung, hrsg