33. Am Sontage Vocem Jucunditatis

[226] Jacob. 1.


Auff den 112. Psalm

Wol diesem Menschen, der den Herren.


Es ist zu wenig das Wort hören,

Man soll auch folgen seinen Lehren:

Wer hört und dem nicht nach will kommen,

Ist wie ein Mensch, der sich besiehet;

Wann ihm der Spiegel wird genommen,

So hat er sich umbsonst bemühet.


Er gehet fort und muß in dessen

Wie er gewesen sey vergessen.

Wer seiner Freyheit Satzung höret,

Ist ihr, so weit er soll, ergeben

Und das vollbringet, was er lehret,

Derselbe wird recht selig leben.


Wer aber seine falsche Sinnen

So weit bey ihm läßt Statt gewinnen,

Daß er vermeint Gott recht zu ehren

Und seine Zunge nicht kan zäumen,

Der läst sich falschen Wahn bethören,

Läst ihm umbsonst von Wercken träumen.


Ein wahrer Dienst, der Gott beliebet,

Dem er Gehör und Gnade giebet,

Ist mild und gütig sein den Armen,

Ist weisen Rath in Trübsal geben,

Ist frommer Witwen sich erbarmen

Und für der Welt unsträfflich leben.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 226.
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