50. Am 13. Sontag nach Trinitatis

[235] Galat. 3.


Auff den 41. Psalm

Wol dem, der einen armen Krancken nicht.


Dieweil man ja der Menschen Testament

Für recht und gut erkent,

Thut nichts darzu und nimpt auch nichts darvon,

Ists einmal krafftig schon;

So gilt viel mehr noch das, so Abraham

Vom Himmel selbst bekam;

Sein Saamen ists, den Gottes weiser Rath

Ihm außerkoren hat.


Diß Testament, das gantz auff Christum geht,

Verbleibet und besteht,

Wiewol es schon mehr als vierhundert Jahr

Für dem Gesetze war,[235]

Weil kein Gesetz hierüber Urtheil spricht,

Und hilfft das Erbe nicht,

Gott hat es selbst dem Abraham vermacht

Und gnädig ihn bedacht.


Doch das Gesetz hat auch Gott eingesetzt,

Dieweil wir ihn verletzt,

Das stillet nun deß werthen Mitlers Hand,

Der selbst ist unser Pfand.

Durch Werck erlangt ein Mensch das Leben nicht

Und durch Gesetzes Pflicht,

Der ist es nur, dem Christus solches giebt,

Der gläubet und ihn liebt.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 235-236.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche Dichtungen
Weltliche und geistliche Dichtung, hrsg