13. Morgen-Lied


Auff die Weise deß 33. Psalmen

[184] Wolauff ihr Heyligen und Frommen.


O Liecht, gebohren auß dem Liechte,

O Sonne der Gerechtigkeit,

Du schickst uns wieder zu Gesichte

Die angeneme Morgens-Zeit,

Drumb will uns gehören,

Danckbarlich zu ehren

Solche deine Gunst.

Gieb auch unsern Sinnen,

Daß sie sehen können

Deiner Liebe Brunst.
[184]

Laß deines Geistes Morgenröthe

In unsern tunckeln Hertzen seyn,

Daß sie mit ihren Stralen tödte

Der eiteln Wercke kalten Schein;

Siehe, Herr, wir wancken,

Thun und auch Gedancken

Gehn auff falscher Bahn,

Du wolst unserm Leben

Deine Sonne geben,

Daß es wandeln kan.


Verknüpffe mit deß Friedens Bande

Der armen Kirchen schwache Schar,

Nim weg von unserm Vatterlande

Verfolgung, Trübsal und Gefahr.

Laß uns ruhig bleiben,

Unsern Lauff zu treiben

Diese kleine Zeit,

Bist du uns wirst bringen

Wo man dir soll singen

Lob in Ewigkeit.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 184-185.
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