9. Auff Herrn Sebastian Opitzen, deß Rahts zum Buntzlau, seines liebsten Vattern, Hochzeitlichen Ehren-Tag

[36] Was wolt' ich lieber schreiben

Als euch ein Ehren Lied,

Und solches einverleiben

Der Zeit, die immer blüht?

Ihr kennet mein Gemüte,

O Vatter, gar zu wol!

Mein Kindliches Geblüte

Ist aller Treue voll.
[36]

Gleichwol muß ich bekennen,

Ich war nicht, der ich bin;

Mein Geist wil nimmer brennen,

Noch steigen wie vorhin;

Diß thut für allen Sachen

Der Haß der Dienstbarkeit,

Was Freund und Feinde machen,

Die Last der bösen Zeit.


Bey Sorgen und Gedancken

Da wohnt Apollo nicht;

Mund, Sinn und Hertze wancken

Und alle Lust gebricht.

Mein Wundsch doch bringt im Schreiben

Den Mangel wider ein,

Mein Wundsch, dem zu bekleiben

Der Himmel hold wird seyn.


Der Name Sänffteleben,

Den eure Liebste hat,

Wil mir die Hoffnung geben

Der Sanfftmut in der That,

Und solcher schönen Gaben,

Nechst Gottes Gunst, darzu,

Dadurch zwey Herzen haben

Deß sanfften Lebens Ruh.


Sie wird sich fleissig mühen,

Euch rechter Trost zu seyn,

Wird mein' Geschwister ziehen

Zur Tugend nur allein,

Sie heissen Künste fassen

Und gute Zucht zugleich;

Wem Eltern diß verlassen

Der erbt ein Königreich.


Mir wolle GOTT verleyhen

Mein werthes Vatterland,

Die schönen Wüsteneyen,

Den klaren Boberstrand,

Euch und die lieben Meinen,

Wann Rettung wird geschehn

Und neue Zeit erscheinen,

Mit Freuden anzusehn.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 36-37.
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