1. An diß Buch

So wiltu dennoch jetzt auß meinen Händen scheiden,

Du kleines Buch, unnd auch mit andern seyn veracht?

Gewiß, du weissest nicht, wie hönisch man jetzt lacht,

Wie schwerlich sey der Welt Spitzfindigkeit zu meiden.


Es muß ein jeglich Ding der Menschen Urtheil leiden,

Und ob es tauglich sey, steht nicht in seiner Macht;

Der meiste Theil ist doch auff Schmähen nur bedacht

Und denckt, was er nicht kan, dasselbe muß' er neiden.


Noch dennoch (daß du nicht so offt' und viel von mir

Auffs neue dulden dürffst, daß ich dich nehme für)

Muß ich dir loß zu seyn und außzugehn erleuben.


So ziehe nun nur hin, weils ja dir so gefellt,

Und nimb dein Urtheil an, zieh' hin, zieh' in die Welt;

Du hettest aber wol zu Hause können bleiben.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 24.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Weltliche Dichtungen
Weltliche und geistliche Dichtung, hrsg