Frage

[189] Wenn ich den Weltlauf mir besehe,

Dem Tag für Tag das Höh're weicht,

Da fühl' ich, wie ein bittres Wehe

Sich bis zu meinem Herzen schleicht;


Da möcht' ich heiße Thränen weinen

In diesen See von Schmerz und Blut,

Da möchte ich die Erde reinen

Mit meines Fühlens Flammenglut;


Da möcht' ich auf den Gräbern beten

Der Großen, die in vor'ger Zeit

Das Recht der Menschheit kühn vertreten

Und ihrem Dienst sich ganz geweiht.
[190]

Und jammernd möchte ich sie fragen

Die Märtyrer im Grabe dort:

Wofür habt ihr gekämpft, ertragen,

Wenn schon verschollen euer Wort?


Was ihr der Welt an Glück erworben,

Sagt euch des Weltenschmerzes Chor! –

Wofür, wofür seid ihr gestorben,

Wenn Alles schlecht blieb, wie zuvor?

Quelle:
Betty Paoli: Gedichte. Pest; Leipzig 21845, S. 189-191.
Lizenz:
Kategorien: