Was bleibt?

[209] Wenn deine Schönheit, dein Talent man preist,

Sei der Gedanke stets dir gegenwärtig:

Das Leben wird mit allem, allem fertig,

Und wie das Antlitz altert auch der Geist.


Du meinst: »Verschmerzen läßt sich der Verlust,

Die Zeit mag ihres strengen Amtes walten,

Bleibt mir nur eins, das Köstlichste, erhalten:

Die tiefe Liebeskraft in meiner Brust!«


So wisse: müd, erschöpft und abgehetzt

Fühlst du dereinst auch diese Kraft dir schwinden,

Dein Herz vertrocknet, stumpf wird dein Empfinden,

Nicht lieben kannst du mehr – – was bleibt zuletzt?!

Quelle:
Betty Paoli: Gedichte. Auswahl und Nachlaß, Stuttgart 1895, S. 209-210.
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