Dreyhundert und sechstes Sonett.

[84] Mir ist ein jeder Tag gleich tausend Jahren,

Seit ich ihr folge, die mich treulich leitet,

Die mich zur Welt geführt und nun geleitet

Auf besserm Pfad zum Leben sonder Fahren.

Nicht hält der Erde Trug mich von dem Wahren

Zurück; und kenn' ihn, und vom Himmel gleitet

Solch Licht in's Herz mir, daß ich, vorbereitet,

Die Zeit berechn' und was ich Leids erfahren.

Nicht darf des Todes Drohungen ich scheuen,

Den größ'rer Schmach der Herr einst übernommen,

Zum Folgen Muth und Kraft mir zu verleihen.

Und jüngst ist er in jede Ader kommen

Von ihr, mit der mein Loos mich wollt' erfreuen.

Und trübte nicht die heitre Stirn der Frommen.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 84-85.
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