Dreyhundert und viertes Sonett.

[83] Den Bothen meyn' ich stündlich zu erkunden,

Den mir die Herrinn, mich zu rufen, sendet;

So bin ich inn- und außen umgewendet,

Und in nicht vielen Jahren so geschwunden,

Daß ich mich selber wieder kaum gefunden;

Ganz anderm Leben hab' ich mich verpfändet.

Zufrieden wär' ich, wüßt' ich, wann es endet;

Doch sollten nah wohl seyn die letzten Stunden.

O sel'ger Tag, wann, frey der Erdenbande,

Ich sinken lasse flatternd und zerrissen

Mein schwer-hinfälliges Gewand von Erde,

Und, scheidend aus so dichten Finsternissen,

So hoch ich fliege nach dem heitern Lande,

Daß ich so Herrn als Herrinn inne werde.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 83-84.
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