Einhundert sieben und zwanzigstes Sonett.

[176] O irre Schritt'; o Wünsch', ihr wachen, schnellen;

O treu Gedächtniß; o du wildes Sprühen;

O schwaches Herz; o du der Sehnsucht Glühen;

O meine Augen, Augen nicht, nein Quellen;

O Zweig, der Stirnen Schmuck, der ruhmeshellen;

O einz'ger Preis zwiefacher Kraft verliehen;

O süßer Wahn; o Leben du voll Mühen,

Die ihr mich treibt durch Berg' und Uferstellen;

O schönes Aug', wo Amor waltet inne

Mit Sporn und Zaum, womit er lenkt und treibet

Nach Willkür, daß umsonst all' Widerstreben.

O adelige Seelen treuer Minne,

Gibt's deren hier, und ihr, o Schatten, bleibet

Und sehet, ach! wie wehevoll mein Leben!

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 1, Wien 1827, S. 176-177.
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