Einhundert und eilftes Sonett.

[168] Nie sah so freundlich ich die Sonne walten

Am Himmel, wenn die Nebel sich verzogen,

Nach Regenschauern nie des Himmels Bogen

So viele Farben in der Luft entfalten;

Wie ich in Flammen sah' sich umgestalten,

Als Liebesbürde bey mir eingezogen,

Das Auge, dem (ich hab' es wohl erwogen)

Kein Ding auf Erden kann die Wage halten.

Ich sahe Amor, der die Blicke wandte

So hold, daß seit dem lieblichen Gefunkel

Mir alles Andr' erscheinet trüb' und dunkel.

Ich sah' ihn und den Bogen, den er spannte,

So daß seitdem ich nicht mehr sicher lebe,

Und doch es immerfort zu sehen strebe.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 1, Wien 1827, S. 168-169.
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