Neunzigstes Sonett.

[158] Aus gottvergess'nem Babylon, von wannen

Die Scham entflohn und alles Segens Keime,

Heimath der Schmerzen, Mutter eitler Träume,

Mußt' ich mich, wollt' ich leben, selbst verbannen.

Hier steh' ich einsam, und, wie Amor dannen

Mich lenkt und leitet, samml' ich Vers' und Reime

Und Blüth' und Kraut, sprechend mit mir, und träume

Von bess'rer Zeit. Nur das kann mich ermannen.

Nicht frag' ich viel nach Volk und Glückes Scheine,

Noch nach mir selbst, noch andrem eiteln Dinge,

Nicht drin noch draußen ich viel Wärm' empfinde.

Nur zweye suchend, wollt' ich, daß die Eine

Für mich ein friedlich duldsam Herz empfinge,

Der Andr' auf festem Fuß, wie ehe, stünde.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 1, Wien 1827, S. 158.
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