Sechs und dreyßigstes Sonett.

[130] Mein Feind, wo eure Augen ihr erblicket,

Denen Amor und Himmel gibt die Ehre,

Hat euch durch überirdisch freundlich-hehre,

Nicht aber seine Reiz', in Lieb' entzücket.

Auf seinen Rath habt, Donna, ihr entrücket

Mich meiner süßen Wohnung! Thränenschwere

Verbannung! Obwohl nimmer werth ich wäre,

Zu wohnen da, wo sich's für euch nur schicket.

Doch weil ich da verniethet und versenket,

Sollt' euch der Spiegel nicht zu meinem Leide

So rauh und stolz erziehn in eitlem Ruhme;

Zumahl wenn an Narcissus ihr gedenket.

Zu einem Ziele gehn die Wege beyde;

Obwohl das Gras unwürdig solcher Blume.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 1, Wien 1827, S. 130-131.
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