Zweyhundert und achtzigstes Sonett.

[71] Nie thränlos wird mein Blick, nie ungerühret

Werd' ich und ruhig jene Zeilen schauen,

Aus denen Liebesfunkeln scheint zu thauen,

Die Mitleid wie mit eigner Hand gezieret;

Geist, der im Erdenkampf du triumphiret,

Nun solche Süße träufst aus Himmelsauen,

Daß du zum Griffel, dem des Todes Grauen

Entfremdet mich, mein Lied zurückgeführet;

Ich hoffte, andre Frucht dir noch zu weisen

Von zartem Zweig'; – welch' wilden Sternes Neiden

Nahm dieses uns? O Hort, auf welchen Gleisen,

Durch wen mußtest zu früh du von uns scheiden?

Dich sieht mein Herz, dich will die Zunge preisen;

Du, süßer Seufzer, stillst der Seele Leiden.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 71-72.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Canzoniere
Canzoniere - Eine Auswahl (Italienisch/Deutsch)
Canzoniere: 50 Gedichte mit Kommentar. Ital. /Dt.
Canzoniere. Zweisprachige Gesamtausgabe.
Canzoniere
Canzoniere /Triumphe /Verstreute Gedichte: Ital. /Dt.