Zweyhundert und neuntes Sonett.

[32] Wer sehn will, was hier unter uns gewähren

Natur und Himmel, komme sie zu sehen,

Erwählt, nicht mir nur sonnig aufzugehen,

Den Blinden auch, die keine Tugend ehren.

Und komme bald; denn, die der Schuld entbehren,

Raubt erst der Tod und läßt die Schuld'gen stehen;

Sie, die Ersehnte in der Götter Höhen,

Schön Erdending, vergeht und kann nicht währen.

Sehn wird er, kommt er bald, all' königliche

Sitt', alle Tugend, allen Reiz zum Kranze

In einem Leibe wunderbar sich einen;

Wird sagen dann, stumm seyen meine Sprüche,

Mein Geist geblendet von dem hehren Glanze;

Doch kommt er später, wird er ewig weinen.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 32.
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