Zweyhundert und sechszigstes Sonett.

[61] Mich hob dahin der Geist auf fernem Gleise,

Wo, die ich such' und nimmer hier gefunden.

Da sah' ich sie, vom dritten Kreis' umwunden,

Weit schöner und mit minder stolzer Weise.

Sie nahm die Hand und sprach: »In diesem Kreise

Wirst du, irrt nicht der Wunsch, mir einst verbunden;

Ich bin's, die dir so schweren Krieg entbunden,

Vor'm Abend endete des Tages Reise.

Kein menschlicher Verstand erfaßt mein Glücke;

Dein harr' ich nur und, den du liebtest lange,

Des schönen Schleyers, der hier unten blieben.« –

Weh, warum zog sie stumm die Hand zurücke?

Denn bey so mild' und keuscher Worte Klange

Fehlte nicht viel, wär' ich im Himmel blieben.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 61-62.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Canzoniere
Canzoniere - Eine Auswahl (Italienisch/Deutsch)
Canzoniere: 50 Gedichte mit Kommentar. Ital. /Dt.
Canzoniere. Zweisprachige Gesamtausgabe.
Canzoniere
Canzoniere /Triumphe /Verstreute Gedichte: Ital. /Dt.