Der Gott der Freude

[61] Einst lag ich im verschwiegnen Thale

An Chloens Brust im Abendroth,

Und trank aus der bekränzten Schaale,

Die mir der Gott der Freude bot.


Schnell bebt ich; eine Thräne wallte

Heiß in den Nektar. Armer Fant,

Was schreckt dich? sprach der Gott. Ich lallte

Mit Zittern: Ach! dein Unbestand!


Der ist dein Glück, versetzt der Spötter,

Stell immer deine Klagen ein,

Wär ich beständig, traun, die Götter

Behielten mich für sich allein.


Mag seyn, doch wen kein Gut beglückte,

Dem droht auch keines Guts Verlust.

So rief ich schluchzend aus und drückte

Mein Liebchen fester an die Brust.

Quelle:
Gottlieb Konrad Pfeffel: Poetische Versuche, Erster bis Dritter Theil, Band 1, Tübingen 1802, S. 61-62.
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