25. Brunelleschi

[479] Ehrwürdig dünkt euch gotische Kunst mit Recht:

Ich selbst, Bewundrung hab ich im reichen Maß

Orvietos, Mailands Dom und deiner

Hohen Kartause gezollt, Pavia!


Doch schätz ich mehr Einfaches, dem ersten Blick

Nicht Gleich enthüllbar; aber getreu dem Geist:

Durch Reiz der Neuheit lockt Erhabnes,

Aber das Auge zuletzt ermüdet's.


Still ist der Schönheit Zauber, unwandelbar,

Und stets bedeutsam. Ewiges Lebehoch

Sei, Brunelleschi, dir gebracht beim

Feste der Wiedergeburt des Schönen!


Roms alten Schutt durchschrittst du gedankenvoll,

Der unbekannt noch oder verachtet lag,

Grubst Säulen aus und mächtig wuchs dir,

Während du schaufeltest, Geist und Kühnheit.


Schatzgräber schalt Roms höhnischer Pöbel dich,

Dich samt Donato, deinem erprobten Freund,

Des Kunst zuerst formlosem Steine

Männlichen Seelencharakter eingrub.


Und Schätze dankt euch euer Florenz, wiewohl

Ihr arm an Gold wart; herrlicher prangt es nun

Als Zier der Nachwelt. Bloß Venedig

Kämpfe mit ihm um den Rang der Schönheit.

Quelle:
August Graf von Platen: Werke in zwei Bänden. Band 1: Lyrik. München 1982, S. 479.
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