29. Der Vesuv im Dezember 1830

[482] Schön und Glanzreich ist des bewegten Meeres

Wellenschlag, wann tobenden Lärms es anbraust;

Doch dem Feur ist kein Element vergleichbar

Weder an Allmacht,


Noch an Reiz fürs Auge. Bezeug es Jeder,

Der zum Rand abschüssiger Kratertiefe,

Während Nacht einhüllt die Natur, mit Vorwitz

Staunend emporklimmt,
[482]

Wo im Sturmschritt rollender Donner machtvoll

Aus dem anwuchsdrohenden, steilen Kegel

Fort und fort auffahren in goldner Unzahl

Flammige Steine,


Deren Wucht, durch Gluten und Dampf geschleudert,

Bald umher auf aschige Höhn Rubine

Reichlich sät, bald auch von des Kraters schroffen

Wänden hinabrollt:


Während still, aus nächtlichem Grund, die Lava

Quillt. – Des Rauchs tiefschattige Wolk umdüstert,

Holder Mond, dein ruhiges, friedenreiches

Silbernes Antlitz.

Quelle:
August Graf von Platen: Werke in zwei Bänden. Band 1: Lyrik. München 1982, S. 482-483.
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