34. Der künftige Held

[487] Rückwärts gewandt blickt oft in der Fabel Nacht

Der Dichter, späht Heroen sich aus, und forscht

Durch manches Zeitlaufs Tatenwirrwarr,

Liederbegierigen Sinns, nach Helden:


Ich wähle den mir, welcher dereinst erscheint

Und will vom Tod nicht wecken Gemoderte:

Den Mann der Zukunft preisend, wandelt

Vor dem Erwarteten mein Gesang her!


Er komme bald uns, welchem des Ewigen

Ratschluß verliehn ruhmwürdiges Rächeramt

Gehäufter Untat, aus den Zähnen

Reiß er dem Wolfe das Lamm, er komme


Dem Stamm verderblich jener Semiramis

Mit ihrem zahllos wimmelnden Buhlerheer,

Die schon der Vorzeit graues Wort uns

Als babylonische Metze weissagt!


Er komme, der mit strafendem Geißelhieb

Nach Asien heim stumpfnüstrige Sklaven peitscht,

Sie selbst und ihre längst entnervten,

Weibisch entgürteten Dschingiskhane,


Die nur des Mords noch pflegen, und nicht der Schlacht,

Des Völkermords! Dir, Siegender, möge dann

Mongolenblut aus jeder Locke

Über den faltigen Mantel triefen!

Quelle:
August Graf von Platen: Werke in zwei Bänden. Band 1: Lyrik. München 1982, S. 487.
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