Leich-klage Auff die Christliche begräbnis des ehrbarn vnd gottesfürchtigen jünglings Lucas Habisreitingers von Ysna/ welcher auff der reisen jämmerlich ermordet worden:

[112] Ach könt' ich doch in der einsamen heide/

Die deinen mord vnd vrplitzlichen tod

Verborgen hat/ genug thun meinem leide

Ich ließ es nicht! da wolt' ich deine noth

Mit tiefen seuftzen häftiglich beklagen.

Doch wil ich nu (wo fang' ich aber an)

Von deinem tod' vnd vnglück etwas sagen:

Mich deucht/ ich seh (was ich nicht sehen kan

Vnd gleichwol muss) die mörder dich vmbringen

Voll böser that/ gantz ungestümmiglich!

Mich deucht/ ich hör' jhr' arge waffen klingen!

Wie wüten sie in dich so grimmiglich!

O tyranney/ hilft denn nu weder bitten/

Noch vnschuld mehr? o hartes tygerthier!

O wildes hertz'! o teufelische sitten!

Ist den so gar nichts menschliches an dir?

Bricht deinen sinn denn keine zarte jugend

Vnd gilt bey dir nicht/ was bey menschen gilt?

O menschen feind/ vnd fragst du nicht nach tugend

Vnd ehrbarkeit/ was ist denn daß da stillt

Dein hertz'? ist's gut/ was raubst du denn das leben

Dürst dich nach bluth/ was raubst du denn das gut?

Ach werther freund/ mich deucht/ ich seh dich kleben

Im koth/ mich deucht du drinckst dein eigenbluth?

Ist das dein fleiß? dein halten nach gebüren:

Dein trewer muth? dein ehrlicher beginn?[112]

Ist das/ was dich für vielen konte zieren/

Dein frommes hertz' vnd vnverkeerter sinn?

So muss mit mir ein jedes hertze weinen

Das menschlich ist/ vnd was nur weinen kan.

Vnd hast du nicht ein hertz' auß harten steinen/

So wirst du noch dich selber geben-an

Du bluthund du.

Doch weil der alles leiden

Vergessen hat/ vmb den wir trawrig seyn

Vnd lebet nun insicherheit vnd frewden/

So wil ich auch mein klagen stellen-ein.

Gott woll' vns das/ durch seine gnade geben

Was nötig ist/ vmb recht zu seyn bereit

Damit wir jhn nach diesem herben leben

Dort wieder sehn in süsser ewigkeit/

Quelle:
Deutsche Literatur, Reihe Barock, Erg.-Bd., Leipzig 1939, S. 112-113.
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