Auff hn. Nicol Dest/ vnd jungfr. Elisabeth Sarmondts/ sonsten ins gemein/ nach dem Stieffvater/ Pflasters/ genant/ hochzeit:

[72] Newlich/ eh 's noch wolte tagen/

Gieng – Cupido – aus zu jagen

Hin/ in seiner mutter wald

Außstaffieret der gestalt.

Er nam seinen liebe-bogen/

Mit der sänen auffgezogen/

Auch vergaß der bösewicht

Z' hause seinen köcher nicht/

Band denselben auff die seite/

Vnd zog aus auff frische beute/

Steckte scharffe pfeile drein/

Sehr vergifft; mit liebespein/

Sehr vergifft; mit seite-blickchen/

Sehr vergifft; mit liebes stückchen/

Vberzuckert; mit gelach/

Vberzuckert; mit gemach,

Amor fing kaum an zujagen/

Hört' er vnsern bräutgam sagen:

Worzu soll die liebes pein?

Ist 's nicht gut alleine seyn?

Worzu wil man sich betrüben

Nur mit lieb' vnd wiederlieben?

Wer da liebt/ lieb' immerhin/

Ich wil bleiben/ als ich bin.

Dis hört' – Amor – an mit schmertzen

Dachte doch in seinem hertzen:

Gilt/ es sol dein trotzer sinn

Bald' erfahren/ wer ich bin.[72]

Trat drauff vor jhn zielende mit

Seinem bogen spielende/ bald

Druckt' er loß vnd traff jhm 's hertz'/

Als er liebe hielt für schertz.

Ach du gott der süssen schmertzen/

Rieff er/ was ist das für schertzen?

Ey du machst mir 's allzubunt

Hertz' vnd seel' ist mir verwundt.

Seel' vnd hertz ist mir durch schossen/

Hertz' vnd seel' ist nu verdrossen

Seel' vnd hertze mehr zu seyn/

Hertz' vnd seele fühlet pein!

Seel' vnd hertze schmertz empfindet/

Hertz' vnd seel' ist gar entzündet/

Seel vnd hertz' in Amors hand!

Hertz' vnd seel' ist gar inn brand/

Seel' vnd hertz' ist kalt/ vnd schwitzet/

Hertz' vnd seele freurt vnd hitzet/

Seel' vnd hertz' ohn allen tand

Fühlet deinen kalten brand!

Hirsche/ werden sie geschossen/

Eh sie Dictam recht genossen/

Werden also bald gesundt/

Seyn sie noch so sehr verwundt.

Aber/ wer wil mich verbinden?

Aber wo sol ich doch finden/

Etwas/ daß ich werde heil?

Tod! ich werde dir zu theil./

Wird mir niemand hülffe geben/

Wozu sol mir denn das leben?

Amor hört – dis klagen – an/

Spricht zu jhm: Ey nu wol an/

Daß du nicht also verderbest/

Vnd in lieb' ohn hülfe sterbest/

Wil ich dir ein pflästerlein

Geben/ das recht gut wird seyn.

Diese jagt vnd dieses klagen/

Soll ich recht die warheit sagen/

Ist ein trawm/ doch fält mir ein/

Wer doch mag das pflaster seyn?

Wenn ich mich nur recht bedencke/

(Ohne schertz' vnd ohne schwencke)

Deucht mich wenns kein laster ist/

Daß die braut das pflaster ist.

Oder weil sie jhren wunden/

Noch zur zeit kein pflaster funden/

Deucht mich kan 's kein laster seyn/

Wird der bräutgam 's pflaster seyn.

Quelle:
Deutsche Literatur, Reihe Barock, Erg.-Bd., Leipzig 1939, S. 72-73.
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