230. Das schwarze Pferd im Nonnenbache.

[96] Ein junger Bursche von 26 Jahren, von Darlingerode, war nach seiner Braut nach »Drüebeck« gewesen und hatte sich bis 11 Uhr bei derselben aufgehalten. Er hatte oft gehört, daß im Nonnenbache bei »Drüebeck« ein schwarzes Pferd ohne Kopf ginge. Als er eine kleine Strecke an dem Nonnenbache hinauf war, kam das Pferd ohne Kopf in dem Bache herauf und ging dicht neben ihm vorbei; er ging dem Pferde nach und oben an Darlingerode »rehmte« (bäumte) es sich dreimal in die Höhe und es bekam sogleich einen Kopf; ein Ritter der ganz verharnischt war, trat an das Pferd heran, küßte es und setzte sich darauf; das Pferd sammt dem Reiter war ein Feuerklumpen und flog nach dem Öhrenfelde in der Luft hindurch. Zu derselbigen Stunde hat ein Mann bei dem Jägerhause beim Öhrenfelde gestanden und gesehen, daß der feurige Ritter mit dem feurigen Pferde in den Schornstein zu Öhrenfelde herein geritten ist. Dieser Bursche kommt zu Hause und erzählt das seinen Eltern, die ihm sogleich sagen, daß das Pferd und der Reiter von einem Ritter von Wernigerode verwünscht wäre, er hätte Gott danken, daß er mit seinem Leben davon gekommen, und lieber das Pferd fragen sollen, was sein Begehr sei, dann wäre er vielleicht glücklich gewesen. Acht Tage nachher wollte er wieder nach »Drüebeck« gehen, es war ungefähr 8 Uhr Abends; als er an den Nonnenbach kam, begegnete ihm ein grauer Hund, der so groß war, wie ein halbjähriges Rind; der Hund sperrte seine Schnauze auf, als wenn er ihn beißen wollte, darauf fiel es ihm sogleich bei, was seine Eltern zu ihm gesagt hatten, er sagte zu dem Hund: was ist dein Begehr? Der Hund antwortete ihm: »ich bin der alte Abt aus dem Kloster zu Drüebeck, und weil ich den armen Leuten viel Unrechtes gethan habe, so kann ich nicht eher zu Gnaden kommen, bis erst Jemand hingeht zu einem Ritter [den er nannte] und dem sagt: er sollte den armen Leuten das wiedergeben, was ihnen der alte Abt aus dem Drüebecker Kloster gegeben hätte. Bevor das nicht geschieht, kann ich nicht zu Gnaden kommen.« Der junge Bursche hat dies dem Ritter gemeldet, aber der Ritter hat[97] nichts wieder herausgegeben und deshalb soll immer das Pferd ohne Kopf und der Hund bei »Drüebeck« noch spuken gehen.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Unterharzische Sagen. Aschersleben 1856, S. 96-98.
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