Dritter Auftritt.

[7] Orpheus. Eurimedes.


EURIMEDES.

Wie bist du so betrübt, mein Freund, mein Herzens-Freund,

Da dir das Glück mit holden Blicken scheint?

Lässt mich dein Mund nur tiefe Seufzer hören?

ORPHEUS.

Wie kann ich fröhlich seyn?

Will mir die Königinn doch alle Freude stören.

Ich soll mich von hier weg, an ihren Hof, verfügen.

EURIMEDES.

Da wird ja dein Vergnügen

Eh grösser, als gemindert, seyn.

ORPHEUS.

Du irrest dich; ach nein!

Weisst du nicht, wie's bey Hofe gehet?

Aria.


DER CHOR.

Chi stà in corte,

Hore corte

Di contento può goder.

Sol si trovan genti accorte,

Che son scorte

A gl' inciampi & al cader.


Wer bey Hofe lebet /

Hat nur kurze Zeit

Ein wahres Vergnügen zu hoffen.

Dort finden sich allein verschlagne Leute /

Welche vorsichtig sind /

Damit sie nicht straucheln oder fallen.

Wer bey Hofe etc.

EURIMEDES.

Bestehst du denn annoch auf deinem Sinn,

Aus Thracien zu ziehen?

ORPHEUS.

Ich leugne nicht, daß ich gewillet bin,

Von hier in Griechenland zu fliehen.[7]

Mein Herz sagt mir es zu, daß hier für mich kein Bleiben.

Wer kann auch mit Gedult die Frevel-Thaten sehn,

Die täglich hier im Schwange gehn?

In diesen Labyrinth

Sollt' ich nun Eurydice führen?

Ach, Eurydice, nein. Du bist zu fromm gesinnt.

Jedoch, wo bleibest du? Lässt du dich gar nicht spüren?


Eurydice kömmt.


Quelle:
Georg Philipp Telemann: Die wunderbare Beständigkeit der Liebe, [Hamburg] [1726], S. 7-8.
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