Rübezahl kaufft einem Bauern Korn ab.

[272] Es hat unlängst ein Bauer seinen Wagen ziemlich mit Korn beladen / und solches über das Gebirge führen wollen / etwan in Böhmen es zu verkauffen. Unterwegens aber / nemlich auff dem Gebirge / kömpt der Rübezahl zu ihm in Gestalt eines Hauß-Wirts. Fraget was er auff geladen. Der Bauers-Mann antwortet: Ich habe Korn / solches gedencke ich loß[272] zuschlagen und Geld darfür zu machen. Rübezahl fragt weiter; ob ers ihme nit verkauffen wolle / so wolle er ihm geben was er begehre / darauff antwortet der Bauer (welcher flugs verspürete es müsse Rübezahl seyn / ließ sich aber nichts darbey mercken / weil er wohl wüste / daß ihm nichtes wiederfahren würde / wenn er es gut würde meinen und machen: ja er bildte sich bald ein; daß er noch wohl einen grossen Schatz darvon bringen möchte.) Er wolle es ihme gar gerne überlassen / und begehrte auch nichts zu fordern; er mögte bekommen was es seyn würde. Drauff heist der Rübezahl ihn mit fahren: Und nach dem sie ein wenig fürter gekommen / presentiret der tausendkünstliche Rübezahl etwan eine Behausung: darinn muß der Bauer hinein fahren und das Korn abwerffen: hernach führete[273] er ihn in einen tieffen Keller, woraus er mit diesem Bauern alle Korn-Säcke voll (so der Rübezahl geschwinde / ich weiß nicht mit was angefüllet hatte /) hielff tragen / und auff den Wagen laden / welche er zum recompens liefferte / darbey sagende; Er solte damit nach Hausse fahren / doch solle er nicht etwan einen Sack aus Vorwitz aufflösen: Er solle vielmehr / wenn er nicht auffn Wege könte fort kommen / einen gantzen Sack / unauff gebunden / abwerffen, was geschicht? der Bauer fähret in frohen Muthe fort / und der Rübezahl hilfft auch eine weile fort schieben; weil die Last allgemehlich sich bezeigete schwer zu seyn. Doch gehet endlich der Rübezahl darvon / und lest den Bauer alleine fahren: welcher zwar eine weile kan fort kommen / hernach aber bestecken bleybet / in dem die Pferde[274] durchaus nicht aus der Stelle des Wagen vor Schwerheit bringen mögen. Da fänget der Bauer an abzuladen / und wirfft nach empfangenen Befehl gehorsamlich einen Sack herunter / und fährt mit den andern fort. Doch ist er abermal kaum einen Steinwurff förter gerahten; da wird er nochmahln genöthiget / weil das Vieh anfänget zu schwitzen einen neuen Sack hinweg zu räumen. Worauff er denn wiederbefindet / daß der Wagen in etwas erleuchtert gewordē: Fähret allso von dannen. Doch geschiehet es abermahl nicht lange hernach / daß er den dritten / vierdten und fünfften Sack nach einander von Wagen stürtzen muß / und zuletzte nur einen behelt: Womit er denn gewisse gedencket nach hausse zukommen. Aber es geräth auff die vorige Art auch mit diesen Sack; sintemal er[275] ebenmessig dem Viehe zuschwer wird / daß er auch feste auffn wege stecken blieb; drüber ergrimmete endlich der gute unn also geitzige Bauer und fluchte aus Ungedult etliche tausend Teuffel auff den Rübezahl los / daß er ihn nun mer so sehr betrogen hette. Steiget auch auffm Wagen / unn will gleichwol endlich wissen was im Sacke ist; läset ihn auch auff / und findet lauter schwartz zeug / das etwa wie Kohlen aus gesehen hat. Solches schüttet er alles mit einander auff die Erde und fähret mit dem einen ledigen Sacke nach Hausse / wie er aber daheime ist / und ihm die Grillen im Kopff kommen wegen Verlusts des Korns und der Säcke; da nimpt er diesen letzten Sack noch einmal für / und will ihn recht aus stauben / damit er nicht schwartz bleibe. Aber was geschicht? da fallen aus solchem Sacke Hauffen[276] weisse viel Körner gediegen Goldes darüber der Bauer lustig wir / die Körner zusammen samlet / und nach den Werth gar viel über den Verlust prosperiret befunden / bedaurende / daß er es alles aus den letzten Sacke geschüttet / und nicht etwan ein halb Maaß drinne behalten habe; welches vielleicht ietzo lauter Gold were. Aber in diesen Gedancken ist der einfeltige Schöps wohl betrogen geworden; Sintemal ich meines Achtens darfür halte / daß wohl nichtes mehr in allen Säcken als diese vermeinete über gebliebene Körnlein gewesē seyn: In dem den übrigen Raum zweiffels ohne der Rübezahl mit seinen Gesellen wird auffgeblasen und beschweret haben: ja welcher Rübezahl auch biß zu letzte in den eussersten Sacke kan verharret / und das eingeladene Gold richtig verwahret haben / damit es der Bauer nicht verschütte.[277]

Quelle:
Praetorius, Johannes: DaeMonoLogia RVbInzaLII sILesII. Leipzig, Arnstadt 1662, S. 272-278.
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