Rübezahl bauet einen Thurm.

[57] An einem gewissen Orte hatte es sich begeben / daß die Bürger gerne einen hohen Thurm in ihre Stadt haben sehen wollen; darzu sie denn auch einen vornehmen Bawmeister zu dingen bedacht waren. Hierüber findet sich der Rübezahl an / gibt sich für einen trefflichen Künstler aus / als der einen herrlichen Thurm in der Länge auff der blatten Erde bauen wolte / und solchen hernach ohne Mühe oder Schaden in die Höhe richten könne. Diesen Vorschlag[57] gehen die begierigen Bürger ein; der Rübezahl machet sich mit seinen mitgebrachten Gesellen über das Werck / und verfertiget einen aus der massen prächtigen Thurm /und richtet ihn auch nach diesem auff / nimbt dafür ein grosses Geld / und hebet sich davon. Wie die Bürger nun nach der Verblendung ihrer Augen mächtig besser wurden / siehe / da war ihr vermeinter Thurm ein langer Hewhockel oder Schuber / welchē sie alsobald anzündeten / und aus dem Wege zu räumen vornahmen. Aber hierüber befand sich abermal der Rübezahl / lachete und hönete die neugebohrne von Schilde aus / und befahl: daß sie ihr Stall-Vieh bringen solten / daß sie den Thurm auff fressen / aus verhandenen Mangel des wenigen Futters. Biß so weit ist mir diese Geschichte erzehlet worden; hat nun ein ander was mehrers davon gehört / dem wil ich es Danck wissen / so ferne er mirs völliger avisiret und communiciret.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 57-58.
Lizenz:
Kategorien: