Rübezahl kaufft einem Sachen ab für wunderliche Schaffskäse.

[66] Es wird erzehlet / wie daß man von den Schlesischen warmen Bade bey eine Meile gehen müsse / ehe man recht auff das Gebürge gerathe: Hernach soll sich auch das Gebürge selbsten bey eine Meile erstrecken /ehe man nach der hohen Elbe komme: Von welchem Orte noch eine Meile restiren soll / ehe und bevor man ins Böhmerland gerathe. Es soll aber die hohe Elbe ein bewohnter Orth und sehr altes Dorff seyn /drinnen[66] es lauter kleine Leute gebe / welche sich nur von Viehzucht ernehren / kein Geld haben / sondern Waare für Waare geben. Solcher Gelegenheit und dieses alten Kauffhandels sollen sich etliche Kauff- und Handelsleute bedienen / welche von hier hinnaus fürtzene Leutgen unterschiedliche Wahren mit sich nehmen / und solche theils mit Käse / theils mit Leder /Vieh und andern Sachen verstechen. Es sollen sich aber weniger sechse kaum getrauen daselbsten hin und her zugehen. Unter diese gedachte Kauffmannschafft soll es sich einmal begeben haben / daß der Rübezahl sich in solchen kleinen Bergmann verwandelt / und einen heran nahenden Kauffmann angepacket habe / oder in selbigen Dorffe / auff gewöhnliche Manier Waare für Waare geboten. Nemlich / der Handelsmann hatte Strümpfe und Hüte gehabt / dafür hat der Rübezahl ihm eine ansehnliche Anzahl Schaaffs-Käse præsentiret; wie sie[67] denn auch ihres Kauffes darbey einig geworden seyn: und nimbt also der Rübezahl die Wahre zu sich / gehet hiemit davon. Der Kauffmann aber stecket seine Käse ein / und wandert auch hiemit davon; Aber wie dieser zu seiner Wohnungs-Stadt kömpt / und die Käse besichtiget / da siehet er / daß es lauter Käse förmichte / runde und dünne Schachteln gewesen seyn / in welchen ersten er nur Feldsteinigen und kleinen Sandgrieß angetroffen hat; Drüber er im Zorn ergrimmet / und alle Schachteln zum Haus hinaus geschüttet hat. Aber was geschiehet? Es schleppen sich die vorübergehende Kinder mit den gefundenen und auff den Mist geworffenen Schachteln; davon auch endlich eine des Handelmannes sein Töchterlein bekömpt / und ins Haus bringet: auch dem Vater und der Mutter solches Dingelein zur Verwunderung zeiget: Drüber soll der Vater gesprochen haben: Ey wirff das Ding weg es ist Augen-Verblendung /[68] und bin damit vom Gespenst betrogen worden. Die Mutter aber soll hingegen gesprochen haben: Ey lasset es doch von mir auffmachen / damit ich auch sehe was drinne steckt. Nach diesem Worten soll sie flugs / wider des Vaters willen das Schächtlein eröffnet haben / und fast eine Hand voll gediegen Goldes drinnen gefunden haben. Uber welches Gesichte und Geschichte sie sich sämbtlich verwundert / daß nemlich die eine Schachtel sich so ungefehr wieder angefunden / und seine Waare bezahlet gemacht habe. Haben hierbey weiter suchen lassen / ob auch in den übrigen Schachteln / so noch draussen im Miste gelegen seyn / etwas von Golde stehe /das sich der Mühe verlohnete: Aber da ist niemand mehr zu Hause gewesen / weil es der ungedultige Kauffmann vielleicht verschertzet hat; in deme er aus Ungebühr alle Schachteln mit fluchen und schelten wegeschüttet gehabt.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 66-69.
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