Rübezahl macht dauer- und sauerhafftige Schue.

[179] Es sol für ungefehr 30. Jahren ein bedürfftiger Handwercks-Geselle über dz Gebürge gereiset seyn; Der vom Riesen Könige (denn also wil der Rübezahl von etlichen tituliret seyn /) ein paar Schue zur Verehrung haben bekommen / die ihm der mildreiche Geist mit dieser Bedingung geschencket / daß er sie zwar tragen solte / doch hernach nicht wegwerffen / wenn sie würden alt geworden seyn. Er möchte sie auch wol so lange tragen / biß er alles weg gegangen und auff die Brand-Sohlen gekommen were. Dieses nimbt der begabte Kerl in acht / und gebraucht sich der geschenckten[179] Schue etliche Jahr / biß daß er sie gar überdrüssig zu tragen wird; Sintemal sie ihme theils zu klein geworden / theils auch zu ungestalt vorgekommen / weil man umb selbe Zeit eine andere Modi gehabt / die weit anders außgesehen / als die seine. Aus diesen Ursachen war er veranlasset worden / die Schue zu zerschneiden; Da hatte er zwischen dem Leder unter die Hacken so viel Ducaten gefunden / als er sie Jahre getragen. Drüber er traurig geworden / und sein albers Vornehmen betrauret / daß er die Schue nicht länger behalten / und mehr Jahre getragen habe; weil er hierauff einen grossen Schatz dermahleins hette erlangen mögen / der ihm aber nunmehr außgeblieben were /weil er aus Hoffart seine altväterische und Rübezahlische Schue zerschnitten / ehe er sie auf die Brand-Sohlen gebracht / das heisset:[180]


Schu non mutabis, donec plurale videbis.


Das ist:


Du solt die Schu so lang mit Baste binden /

Biß du ein neues Paar wirst wieder finden.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 179-181.
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