Rübezahl macht güldene Leysen.

[145] Ein Sattler Geselle erzehlete mir in kurtz abgewichenen Tagen / daß er etwan[145] vor 5. Jahren seine Reise über die Sucletischen Berge gehabt / da ihme ein wunderlich spectaculum vor die Augen gekommen were. Nemlich / er hette eine wolgestaffirte Karete gesehen / welche von sechs Pferden war gezogen worden / davon ein iedes Pferd 3. Füsse gehabt / die Karete aber unten nur einen Rad besessen / über welches Fuhrwerck wunderseltzame Thiere geflogen. Ferner /gedachte jener Kerl / were er eilends hinter die Karrete hergegangen / das Gesichte genauer zubetrachten; da were er inne geworden / daß die orbita oder Leyse / drinnen das Rad gegangen / gantz gülden erschienen: Derentwegen er sich denn verführen lassen / und die Hand nach dem Golde ausgestrecket? Welches aber lauter schmierige Koth gewesen / das darneben heßlich gestuncken: Also daß er war froh gewesen /wie er es aus den Händen wiederumb loß geworden. Er hatte aber seine beschmierete Tatschen an ein unreines Tüchlein gewischet / so er unter andern[146] seinen Sachen in Schiebesacke bey sich geführet / welches er auch wiederumb zu sich gestecket / und seines Weges fürder gegangen / biß er nach Schmiedeberg gerathen; da er in einer Herberge seine schwartze Wäsche hat wollen reinigen lassen / und nebenst andern gedachtes Tüchlein auch hervor zeicht / solches der Wäscherin zu übergeben: Indem er aber es aus der Ficke hervor zerret; da fallen 6. Ducaten auff die Erde / welche er vorher für Unflat hinnein gewischet gehabt. Ey (denn der gute Kerl war mit gegenwertigen nicht zufrieden gewesen;) wie war es da weiter am wüntschen gegangen; indem er gesaget / er wolte / daß er biß über die Ohren nur in die vorige Scheisse gestecket hette / so würde solcher Koth nunmehr alles zu Golde geworden seyn. Mercke du aber hiebey / Tros Rutilusve fuas, du magst Hientze oder Kuntze seyn; daß der Rübezahl in diesem Falle die Cererem beym Claudiano nachgeäffet habe; Hinter wessen Wagen lauter Getreyde hervorgeschossen sol seyn.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 145-147.
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