Fünfter Auftritt

[224] Herr Gotthart. Jungfer Fröhlichin. Kathrine.


HERR GOTTHART guckt zur Türe heraus. Kathrine! seid Ihr's?

KATHRINE draußen. Ja! Herr Gotthart. Störe ich Sie auch?

JUNGFER FRÖHLICHIN. Ei, verflucht! Ich glaube gar, Sie denkt, wir haben hier was Heimliches vor.

HERR GOTTHART. Kommt nur ein bißchen näher. Kathrine kömmt herein. Was habt Ihr nun draußen schon wieder zu lauren?

KATHRINE. Ei! Herr Gotthart, wer lauret denn?

HERR GOTTHART. Ja, ja! seid nur noch fein dreiste obendrein! Was macht Ihr denn sonst anders draußen, als daß Ihr horchen wollt, was wir hier reden?

KATHRINE verwirrt. Ich? Herr Gotthart? ich? ... ja, daß sich Gott erbarme! Sie denken auch immer was Böses von einem! Sie hält das Tuch vors Gesicht und tut, als wenn sie weinte.

HERR GOTTHART. Nun, so sagt, was Ihr einmal wollt.

KATHRINE. Je, Herr Gotthart, ich dachte, Sie sollten hinauskommen. Ich mag es vor der Jungfer Fröhlichin nicht sagen.

HERR GOTTHART. Und warum nicht? Ist's denn was Böses?

KATHRINE. Ei! was wollte es Böses sein. Sie sollen es ja essen.

HERR GOTTHART. Nun, was ist's denn? Sagt es heraus? Aber lügt mir nichts vor! Ich frage nach!

KATHRINE. Nun. Da haben Sie mich schon wieder im Verdachte. Sie weint hinter der Schürze.

HERR GOTTHART. Was das nun für ein Mensch ist! wie die einen ehrlichen Mann vexieren kann! Sagt, was habt Ihr gewollt; oder ...

KATHRINE. Herr Gotthart, was ich gewollt habe, das will ich noch. Zwei Batzen zu Semmel. Fünf Groschen zum Zucker an die Weinsuppe: einen Dreier zum Senfe an das Rauchfleisch, zwei Pfennige Grünes zur Karbonade ...

HERR GOTTHART. Stille! stille!

JUNGFER FRÖHLICHIN. Ei, Herr Vetter, ein Frauenzimmer darf den Küchenzettel wohl mit anhören.

HERR GOTTHART. Könnt Ihr denn das nicht auslegen, Kathrine? Wenn's sonst nichts ist?[225]

KATHRINE besinnt sich. Ja, es war auch sonst noch was.

HERR GOTTHART. Und was denn?

KATHRINE. Ei, es war ... ich ... ich weiß es nun nicht mehr.

HERR GOTTHART. Stammlet nicht! sonst sind's gewiß lauter Lügen!

JUNGFER FRÖHLICHIN. Etwa nach Zimt, Nelken, Kubeben, Rosinen, Mandeln, Muskatenblumen ...

KATHRINE. Nein, jetzt besinne ich mich. Der fremde Kutscher ist's, der die Herrschaft hergebracht hat. Er will das Fuhrlohn haben.

JUNGFER FRÖHLICHIN. Ei, verzweifelt! lieber Herr Vetter, so müssen Sie so gütig sein und das Geld solange auslegen oder den Kutscher solange aufhalten, bis mein Vater wiederkömmt. Ich habe wahrhaftig nichts zu versetzen als meine Sparbüchse mit etlichen silbernen Schaupfennigen.

HERR GOTTHART. Sorgen Sie nicht, Jungfer Muhme. Ich will ihn herzlich gern bezahlen. Wenn es nur wahr ist; aber ich glaube es noch nicht.

KATHRINE. Ja, so müßte er wieder weggegangen sein.

HERR GOTTHART schüttelt den Kopf. Hm! Kommt Ihr schon so? Kommen Sie, Jungfer Muhme, wir wollen doch gleich zusehen.

JUNGFER FRÖHLICHIN. Ja, ich habe ihm auch noch allerlei zu sagen.

KATHRINE. So sein Sie so gut, Herr Gotthart, und geben mir die Schlüssel zum Wäschschranke. Ich muß das Tischzeug herausnehmen.

HERR GOTTHART. Da sind sie. Er gibt ihr die Schlüssel und geht mit Jungfer Fröhlichin ab.


Quelle:
Die bürgerliche Gemeinschaftskultur der vierziger Jahre. Herausgegeben von Prof. Dr. Brüggemann, Leipzig 1933, S. 224-226.
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